Feministische Bildpraktiken in den Sozialen Medien: Empowerment vs. Provokation
von Annekathrin Kohout
6.1.2020

Schöner Aktivismus

Als ich 2018 die Arbeit an meinem Buch „Netzfeminismus“ begann, war es für mich selbstverständlich, dass Sichtbarkeit – und damit verbunden Repräsentation – nicht nur ein tief im Feminismus verankertes Thema ist, sondern auch für die gegenwärtigen Diskurse in den Sozialen Medien eine zentrale Rolle spielt – spielen muss. Deshalb hatte es mich bei der Recherche überrascht, dass Bilder, die man ja durchaus als sehr wichtige und produktive Medien der Sichtbarmachung ansehen kann, im feministischen Diskurs eine so geringe Rolle spielen. Oft erfahren sie sogar ausdrücklich Geringschätzung. Als Bildwissenschaftlerin, die ich unter anderem bin, interessieren mich Bilder aber ganz besonders – und zwar nicht ausschließlich die Bilder der Kunst, sondern vor allem auch die Bilder der populären Medien, also Bilder, die viele Menschen erreichen und deshalb auch eine entsprechende Wirkkraft besitzen.

Es wird im Folgenden um drei Bereiche gehen und um deren Bezug: Feminismus, Sozialen Medien und Bildstrategien. Beginnen möchte ich mit einem Beispiel aus der Zeit vor den Sozialen Medien, als die meisten gesellschaftlichen Diskurse noch in Zeitungen und Zeitschriften, aber auch im Fernsehen und in populären Medien, darunter beispielsweise in Musikvideos ausgehandelt wurden. Die eine oder der andere von Ihnen erinnert sich vielleicht noch an den Clip zu „Beautiful“ von Christina Aguilera aus dem Jahr 2003.

In dem Video sieht man Christina Aguilera mit Piercing unter dem Kinn und in der Nase, verzweifelt singend und in der Ecke eines großen, schmutzigen, dunklen und leeren Zimmers kauernd, dessen Fenster mit Zeitungspapier verhängt sind. Sie singt „You are beautiful, no matter what they say.“ Zwischendurch werden verschiedene Szenen eingeblendet: Sie zeigen einen Transvestiten, der sich gerade zurecht macht. Ein magersüchtiges Mädchen in Unterwäsche, das sich skeptisch im Spiegel betrachtet. Sie zeigen ein homosexuelles Pärchen im lärmenden Stadtverkehr – das offensichtlich kritischen Blicken ausgesetzt ist. Sie zeigen einen Punk, der in einen Bus zusteigt und mit seiner bloßen Anwesenheit die neben ihm Sitzenden vertreibt. Sie zeigen ein Mädchen, das geschlagen wird, und einen Jungen, der gerne stärker, kräftiger oder – ich benenne es einfach – männlicher wäre. 

Im Verlauf des Musikvideos emanzipieren sich die Protagonisten von ihrem jeweiligen Leid. Es werden Spiegel zerschlagen, die Mode-Zeitschriften mit ihren perfekten Models verbrannt, ja, es wird schließlich sogar erlöst und erleichtert, vielleicht sogar glücklich gelacht. Mit dieser Dramaturgie wird ein mentaler Sieg über die gesellschaftlichen Konventionen inszeniert. 

Die Aussage, mögen manche kritisieren, ist nicht sehr subtil. Sie bedarf aber auch ihrer Deutlichkeit: Alle Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe, welcher Religion, welcher Vorlieben oder welchen Aussehens – schlichtweg alle Menschen seien ‚beautiful‘, schön. Das heißt: Sie sind nicht nur irgendwie akzeptabel oder zu tolerieren. Nein: Sie sind schön, sie sind genauso anzuhimmeln und begehrenswert, ja eignen sich ebenso als Vorbild wie jene wenigen vermeintlich perfekten Menschen, die zu dieser Zeit in den Massenmedien dargestellt wurden. 

In dem Musikvideo geht es vielfach um Bilder: die Bilder in den Zeitschriften, das eigene Spiegelbild, das Bild, das man anderen in der Öffentlichkeit bietet. Bilder werden zudem gezielt als Waffe gegen Worte präsentiert: Aguilera singt „I am beautiful no matter what they say / Words can‘t bring me down“.

Das Video verhandelt also nicht nur viele Themen und Motive, die heute in den Sozialen Medien, insbesondere auf Instagram im Kontext verschiedener Netzfeminismen, darunter z.B. der sogenannten Body-Positivity-Bewegung, verhandelt werden. Es geht darin um die Infragestellung gängiger Schönheitsideale, Ethnien-, Milieu- und Geschlechterkonventionen und die damit verbundene fehlende Repräsentation aller Menschen, die von diesen Idealen, Konventionen, Zuschreibungen abweichen. Aber es plädiert zudem für den gezielten Einsatz von Bildern, um sich – in diesem Fall – für Diversität zu engagieren.

Zunächst möchte ich daher einige grundsätzliche Überlegungen voranstellen: Auf welche Weise können Bilder überhaupt Gesellschaft verändern, inwiefern kann man mit Bildern politisch aktiv werden? 

Die bildwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Wirkmacht der Bilder hat sich bisher weniger mit feministischen als mit politischen Beispielen hervorgetan. Ein Schlüsselereignis für die Diskussion über Bilder und ihre Wirkung stellte der Terroranschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 dar. Zum ersten Mal in der Geschichte der seit 1949 erscheinenden Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde ein Bild auf die Titelseite der Ausgabe vom 12. September gebracht. Zum ersten Mal wurde dem Bild größere Aussagekraft als dem Wort eingeräumt – und damit die Frage provoziert, inwiefern dieses ikonische Bild inklusive des Aufsehens, das es erregte, den Terroristen nicht in die Karten spielen würde – oder gar eigens von ihnen inszeniert wurde. 

Bei Gerhard Paul, der in seinem Buch mit dem einschlägigen Titel BilderMacht sogar von einem Bilderkrieg spricht, heißt es: „Bilder sind und waren immer mehr als Repräsentationen, als die sie Historiker immer noch gerne betrachten. Sie sind auch mehr als Medien, die nur Botschaften und Deutungen transportieren. Und sie sind mehr als passive Objekte der Anschauung. Sie reagieren, aber sie gestalten auch. Bilder machen etwas mit uns, ihren Betrachtern.“[1]

In der Bombardierung Bagdads zur Primetime des amerikanischen Fernsehens sowie der Tötung Osama bin Ladens vor laufender Kamera sieht er einen „Kampf der Bilder gegen den Symbolwert der brennenden Türme“.[2] Und auch Horst Bredekamp geht davon aus, dass „der Fakten schaffende ‚Bildakt‘ ebenso wirksam ist wie Waffengebrauch oder die Lenkung von Geldströmen. Wir sehen gegenwärtig Bilder, die Geschichte nicht abbilden, sondern sie erzeugen.“[3] In der Bildwissenschaft herrscht heute also weitgehend Konsens über die Möglichkeit, Bilder als Werkzeuge der Machtausübung zu verwenden.

Natürlich muss sich daran die Frage anschließen, wer über diese Werkzeuge verfügt. Und an dieser Stelle möchte ich noch das Ende von Christina Aguileras Video „Beautiful“ schildern: Nachdem sich alle Personen scheinbar selbst ermächtigt haben, friedvoll grinsend, kauert sich Aguilera wieder zurück in die Zimmerecke. Und die letzten Sequenzen des Videos zeigen schließlich, wie sich ungläubiges Staunen auf den Gesichtern der anderen Personen ausbreitet. 

Dass der laute Aufbruch und der damit verbundene Appell in Resignation umschlägt, ist als Statement zu verstehen: Solange einem nur wenige Menschen sagen, man sei schön, solange man sich nur selbst gut zuredet, wird keine nachhaltige Veränderung stattfinden. Wenn nicht jedem die Möglichkeit gegeben wird, sichtbar zu werden, wenn nicht jedem Werkzeuge zur Selbstermächtigung gegeben werden, dann bleibt dieses Video ein Tropfen auf dem heißen Stein, nur ein kurzer Moment, der sich gut angefühlt an.

Noch im ausgehenden 20. Jahrhundert bestimmten vor allem Vertreter der etablierten Medien über das, was in der Öffentlichkeit Sichtbarkeit erlangte: in diesem Fall die Redakteure von VIVA oder MTV. Tatsächlich entwickelte sich aber gerade das Musikfernsehen in Richtung eines Sozialen Netzwerks, zumindest aber zu einer Plattform, die Interaktion und Mitbestimmung ermöglichte. So konnte beispielsweise in der seit 2002 ausgestrahlten Sendung „Get the Clip“ des Musiksenders VIVA jede und jeder Zuschauer*in entweder durch einen Anruf oder per SMS für ein Video –aus einer Auswahl von immerhin ca. 80 bis 100 Clips – stimmen. Das Video mit den meisten Stimmen wurde dann ausgestrahlt. Zudem wurden die Clips von einem Nachrichtenband am unteren Bildrand gerahmt, in dem SMS-Botschaften der Zuschauer*innen ausgestrahlt wurden. Anders als in heutigen Sozialen Netzwerken findet man dort kaum politische Bekenntnisse, sondern überwiegend Gruß- oder Liebesbotschaften – man war sich seiner tatsächlichen Möglichkeiten der Mitwirkung und potentiellen Teilhabe an Diskursen offenbar noch nicht bewusst.

Diese Situation hat sich heute gänzlich verändert: Nutzer*innen wissen sehr wohl um ihre partizipativen Möglichkeiten, und sie ergreifen diese auch. Deshalb haben die Sozialen Medien gerade auch feministische Anliegen und Projekte zunächst ermöglicht und schließlich befeuert. Das ist einerseits der Vernetzung über den engeren Bekanntenkreis hinaus geschuldet, andererseits aber Folge der mittlerweile vorhandenen Werkzeuge der (mehr oder weniger gezielten) Verbreitung – man denke nur an eingängige Meme und Bilder oder populäre Hashtags. 

Viele von Ihnen werden nun wahrscheinlich an den Hashtag #metoo denken, unter dem weltweit nicht nur sehr persönliche Geschichten sexuellen Missbrauchs geteilt, sondern auch allgemeine Anliegen und Problemstellungen von Sexismus ausgetauscht wurden. Das simple #metoo – „ich auch“ – hatte die Partizipation leicht gemacht und damit umso mehr vorangetrieben: Wem kein konkretes Ereignis in den Sinn kam, konnte sich mit dem bloßen Hashtag immerhin ganz allgemein zum Kampf gegen strukturellen Sexismus bekennen.

Im Zuge von #metoo hat sich dabei eine für den gesamten feministischen Diskurs eigentlich immer schon repräsentative Sub-Debatte herausgebildet. Maßgeblich beteiligt, weil sie eine besonders extreme Position eingenommen hat, war die Soziologin Barbara Kuchler, die in einem ZEIT-Artikel im November 2017 prognostizierte, dass die Bestrebungen von #metoo folgenlos bleiben würden – „solange es nur darum geht, sich täglich hübsch zu machen, in Sachen Kleidung und Make-up eine perfekte Performance hinzulegen“.[4] Das ist ein Argument, das immer mal wieder aus den Reihen eines kapitalismus- und konsumkritischen Feminismus kommt, der sich häufig auch gezielt gegen einen sogenannten „Popfeminismus“ richtet, der Bilder, Popkultur und Werbung als mediale Werkzeuge zur Formulierung und Verbreitung von Ansichten und Anliegen verwendet. Auch das besprochene Musikvideo von Christina Aguilera ist in diesem Sinne popfeministisch.

Bei den Recherchen für mein Netzfeminismus-Buch hatte ich unzählige Blogs, vor allem feministische Blogs durchforstet – und mir fiel auf, dass schnell Kritik laut wird, wenn jemand mit Bildern agiert. Die Journalistin und Bloggerin Bixa Jankovska schreibt beispielsweise zynisch: „[W]enn eine ›starke Businessfrau‹ abends noch ein nettes Foto von zwei sich anlächelnden, normschönen Frauen hochlädt und mit dem Text ‚Cheers Mädels, auf uns! An alle, die zusammenhalten, sich gegenseitig pushen und gemeinsam die Welt erobern!’ begleitet, ist das #femaleempowerment-Barometer für diesen Monat in den Orbit geschossen. Feminismus ist für mich inzwischen wie ein Tripadvisor Pickerl: auf jeder noch so schäbigen Butze drauf und damit komplett aussagelos.“[5]

Zwar hält sie „Heilung, BodyPositivity und SelfCare“ für „wichtige Praktiken“, sobald diese allerdings (bildlich) auf Instagram inszeniert werden, handelt es sich nur noch um „ein gutes Ablenkungsmanöver, um beschäftigt zu sein und still zu bleiben.“[6] Die Bilder auf Instagram, die unter den Labels „Empowerment“ oder „Body Positivity“ firmieren, wollen lediglich „ein individuelles ‚Feel Good‘-Gefühl“ vermitteln. Deshalb schreibt sie: „Ich werde mich künftig nicht mehr als Feministin bezeichnen, ohne dabei die Adjektive intersektional und marxistisch voranzustellen.“[7]

Ressentiments gegenüber ‚Girl Power‘-Slogans und ‚Femvertising‘, in denen die Bildpolitik der Frauen als oberflächlich dargestellt wird, lassen sich allerorts finden – insbesondere auch in feministischen Positionen. Sieht man sich aber die neuen kulturellen, gesellschaftlichen oder politischen Bedingungen an, die durch Internet und Soziale Medien entstanden sind, dürfte augenscheinlich werden, dass man sich – insofern etwas bewirkt werden soll – mit Bildern zu beschäftigen hat, egal, ob man diese selbst produziert oder analysiert und interpretiert, also wissenschaftlich untersucht. Das will ich im Folgenden mit einem gesonderten Blick auf ausgewählte Bildstrategien tun.

Bildstrategien der Sozialen Medien: Zwischen Empowerment und Provokation

Welche Bedeutung es für Menschen hat, in den öffentlichen Medien in Erscheinung zu treten, hat Peter Weiss in „Die Ästhetik des Widerstands“ deutlich gemacht (gleich im ersten Band, der 1975 in der damaligen BRD erschien): Er betonte, dass es motivierend sein kann, Teil einer Bildwelt zu sein, sich selbst in der medialen Umgebung wiederzufinden. Auch das politische Bewusstsein könne damit geschärft werden. In seinem Roman beschreibt Weiss beispielhaft verschiedene Kunstwerke aus dem russischen und französischen Realismus in ihrer Wirkung, darunter Ilja Repins „Treidler an der Wolga“ (1870-1873). Er schreibt dazu: „Die Gesichter der zerlumpten, bärtigen Leibeigenen, die barfuß oder in zerrissnen Sandalen und Halmstiefeln durch den Ufersand stampften, waren erloschen, bar jeder Hoffnung.“[8]

Im Gegensatz zu dieser mitleiderregenden Darstellung der Arbeiter zeige Gustav Courbet in seinem Gemälde „Die Steinklopfer“ (1849/50) viel kraftvollere Arbeiter. Im Wortlaut heißt es: „Auch den Steinklopfern von Courbet war keine Erleichterung beschieden, doch ihre Arbeit im Geröll war nicht mehr geprägt von Ausweglosigkeit.“[9] 

Courbets Darstellung kraftvoller Arbeiter verfolgte eine ganz bestimmte Strategie. Er zeigte absichtlich nicht das Elend, in dem sich die abgebildeten Arbeiter tatsächlich befanden, sondern stellte ihre Stärken in den Vordergrund. Insofern kann hier, wie ich zeigen werde, von einer frühen Form von ‚Empowerment‘ gesprochen werden.

Das sogenannte Empowerment ist heute wohl die populärste Bildstrategie im Kontext von feministischer Kunst, Aktivismus oder Werbung.

Doch so häufig der Begriff gegenwärtig – und zwar auch außerhalb von feministischen Diskursen – fällt, so vielfach er Headlines und Bildbeschreibungen schmückt, so selten wird danach gefragt, was unter der Bezeichnung eigentlich zu verstehen ist. Es ist also anzunehmen, dass vielen seine Bedeutung sofort evident ist. Ja, es scheint, als habe man regelrecht auf den Begriff gewartet und heißt ihn nun, wo er endlich zur Verfügung steht, herzlich willkommen. Denn ‚Empowement‘ wird mittlerweile allerorts und vor allem auch alltagssprachlich verwendet – und zwar für Vieles, das vorher unbenannt geblieben sein muss oder mit anderen Begriffen bezeichnet wurde, wie beispielsweise „aufbauend“, „motivierend“ oder „inspirierend“. (Weiss sprach von „ermutigend“.) All diese Begriffe treten noch heute oft im Zusammenhang mit ‚empowernd‘ in Erscheinung, bedeuten aber nicht dasselbe.

Empowerment benennt zuallererst eine Strategie, deren Ziel es ist, die politische, soziale, kulturelle oder ökonomische Stärke von Personen oder einer Gemeinschaft zu steigern, die strukturell benachteiligt sind (sei es durch Konstrukte wie „Rasse“, Religion, Gender, Sexualität, Klasse oder Alter). So wenig der Begriff in Deutschland bis in die 1990er Jahre bekannt war, so gebräuchlich war er bereits im politischen Diskurs innerhalb der Bürgerrechtsbewegung in den USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 

Barbara Bryant Solomon hat „Empowerment“ schließlich für die soziale Arbeit fruchtbar gemacht. Eine zentrale These ihres 1976 veröffentlichten Buchs „Black Empowerment“ ist, dass Einzelpersonen und Gruppen in Gemeinschaften von ‚People of Color’ derart negativen Bewertungen seitens der breiten Gesellschaft ausgesetzt seien, dass die damit verbundene Hilf- und Machtlosigkeit nicht mehr nur außerhalb, sondern besonders auch innerhalb der betroffenen Gruppe allgegenwärtig und lähmend sei.[10] 

Es müsse in der sozialen Arbeit mit – in diesem Fall – ‚People of Color’ deshalb vor allem darum gehen, die Gruppe von innen heraus zu stärken. Die Aufmerksamkeit dürfe nicht mehr auf die vielfach erfahrenen Diskriminierungen von außen und damit verbundenen Niederlagen gerichtet werden, sondern auf die jeweiligen Stärken und Besonderheiten von Personen, Gruppen oder Gemeinschaften. Dadurch sollten eigene Kräfte mobilisiert und damit zumindest eine gewisse Unabhängigkeit und Handlungsspielräume gewonnen werden.[11]

Tatsächlich stellen der Begriff und das Konzept des Empowerment einen Paradigmenwechsel im Umgang mit benachteiligten Personen, Gruppen, Gemeinschaften und Minderheiten dar, da er weniger die Defizite als die Stärken in den Vordergrund rückt. Ja, das Empowerment-Konzept bricht mit dem bis dato gängigen Blick auf die Schwächen und Abhängigkeiten, soll also gezielt aus der Opferposition heraushelfen. Einer der beliebtesten Begriffe zum Bewerben von Body-Positivity-Inhalten ist beispielsweise „Celebrating“: Feiern statt Trauern ist hier ebenfalls als Versuch zu verstehen, von Strategien der Problematisieren abzusehen.

Erinnern wir uns erneut an das Musikvideo zu „Beautiful“, das 2011 zum „Most Empowering Pop Song“ des Jahrzehnts gekürt wurde. Hier erfolgt das Empowerment ausschließlich auf textlicher Ebene und ging vielleicht auch nur deshalb auf, weil das Lied in der LGBT-Szene als eine ikonische Anti-Hymne gegen Mobbing, Homophobie und Frauenhass verwendet wurde. Bildstrategisch findet hier jedoch kein Empowerment statt, die Personen werden nicht kraft- und machtvoll, ja gerade nicht in ihrer Schönheit präsentiert, sondern vielmehr als verletzliche Protagonisten ihrer je eigenen Leidensgeschichte. Die kurzen Momente des Empowerments, wenn ein strahlendes Lächeln die Personen tatsächlich schön werden lässt, frieren schnell wieder ein.

In der Literatur finden sich viele Versuche, das, was Empowerment eigentlich ausmacht, zu artikulieren. Gemeinsam ist allen Definitionsversuchen, dass Empowerment für Selbstermächtigung steht, dass aus einer positiven Selbstbeschreibung Macht gewonnen werden soll. Empowerment soll Mut machen, motivieren, zum eigenen Handeln inspirieren.

Außerhalb der sozialen Arbeit hat man bis vor wenigen Jahren nicht nur nicht von „Empowerment“ gesprochen, auch die Strategie selbst fand in anderen Bereichen kaum Anwendung, ebenso wenig wurde die damit verbundene Wirkung angestrebt. Heute ist ‚Empowerment‘ hingegen eines der mächtigsten Konzepte – sowohl in der Politik – man denke an Barack Obamas „Yes we can!“ oder Angela Merkels „Wir schaffen das!“ – als auch in der Kultur. Dort hat sich Empowerment auch als Bildstrategie etabliert – und das ist überraschend. Denn in den Bildern der Kunst oder der Werbung herrschten, wenn Kritik geübt oder Gesellschaft verändert werden sollte, für lange Zeit weithin andere Bildstrategien vor: Provokation, Subversion oder Affirmation – nicht aber Empowerment. Im Aktivismus überwog sogar bei weitem die Provokation.

Wenn es darum geht, Wirkung zu erzielen, Emotionen hervorzurufen, um damit auf Kultur und/oder Gesellschaft einzuwirken, dann nehmen Empowerment und Provokation unter den genannten Bildstrategien eine Sonderrolle ein. Man spricht davon, empowert zu werden oder provoziert worden zu sein. Bilder, die solche Strategien verfolgen, zielen auf eine konkrete Wirkung – im Unterschied zu Subversion und Affirmation, die in ihren Aussagen und damit auch der Rezeption möglichst ambivalent bleiben sollen.

Empowerment und Provokation sind durchaus verwandte Strategien: In beiden Fällen geht es darum, eine Reaktion hervorzurufen, eine Aktivität bei denen auszulösen, die adressiert wurden, ihnen neue Betrachtungs- und Handlungsweisen aufzuzeigen. Während aber bei der Provokation die etablierte, bestimmende Kultur oder Gruppe angesprochen und ins Sichtfeld gerückt wird, nimmt man beim Empowerment die diskriminierte, ausgegrenzte, sich in der Minderheit befindende Person, Gruppe oder Gemeinschaft in den Blick. 

„Das Eigentümliche an der Provokation […] ist […], daß der Adressat der Provokation nicht […] im eigenen System zu finden ist.“[12] schrieb Urs Stäheli über die Strategie der Provokation in der Pop-Musik und hat damit etwas Grundsätzliches über das Prinzip der Provokation formuliert: Zwar geht es bei der Provokation wie auch beim Empowerment darum, die herrschende bzw. etablierte Kultur und Gesellschaft infrage zu stellen und für schlecht befundene Zustände anzuprangern, doch richtet sich das Empowerment an das eigene System, die Provokation hingegen an das andere, von ihr infrage gestellte System. Empowert werden die von Missständen Betroffenen – oft ist dabei von ‚Opfern‘ die Rede –, jene, die aus der etablierten Kultur ausgeschlossen sind, um ihnen damit auch zu mehr Sichtbarkeit und ‚Power’ – also Macht und Handlungsspielraum – zu verhelfen. Provoziert werden hingegen diejenigen, die man als ‚Täter‘ identifiziert hat, die es zu stürzen gilt. 

Die Provokation zielt auf die Störung oder gar Zerstörung eines Systems – und zwar des etablierten –, beim Empowerment geht es um das Unterstützen oder gar Aufbauen eines Systems – und zwar des unterdrückten. Ja, bei der Provokation streckt man den Machthabern den Zeigefinger entgegen, beim Empowerment schickt man den Machtlosen ein Bizeps-Emoji als Zeichen für „Du schaffst das!“, „Wir schaffen das!“, „Yes we can!“.

Provokation als Strategie gehört seit jeher zum Repertoire des Protests und der Kunst. Die künstlerischen Spielarten des Protests bestehen „im Setzen gezielter Nadelstiche, im Lächerlich-Machen, Anschwärzen, Entblößen, Entwürdigen, oft aber auch im ironischen Überzeichnen und Übertreiben.“[13] 

Durch das gesamte 20. Jahrhundert lässt sich eine Allianz von Provokation und Avantgarde verfolgen: Die Futuristen, Situationisten, Fluxus-Anhänger, Happening-Künstler, Wiener Aktionisten und viele mehr – sie alle verstanden ihre Kunst auch als Provokation der bürgerlichen Gesellschaft, die es zu verändern galt. Das hatte – und hat noch immer – manchmal konkrete politische Gründe, andere Male ging und geht es schlichtweg um alternative Lebensentwürfe.

Auch im feministischen Aktionismus und in der feministischen Kunst war und ist Provokation eine populäre Strategie. Denken Sie nur an die Guerilla Girls, die sich hinter Gorillamasken mit Postern, Aufklebern, Büchern oder Aktionen an die von ihnen kritisierte Öffentlichkeit wenden, in der Themen wie Rassismus und Sexismus sowie intersektionale Diskriminierung nicht hinreichend diskutiert werden. Und auch die Femen sind bekannt dafür, gegnerische Systeme zu kapern, wenn sie nackt den Kölner Dom stürmen, um gegen die Missachtung der Frauenrechte in der katholischen Kirche und deren Haltung zur Abtreibung zu protestieren. Oder wenn sie die Pariser Fashionweek boykottieren, indem sie den Laufsteg einnehmen, um sich dort gegen Anorexie auf dem Catwalk zu positionieren. 

Nach explizit empowernden Bildern und Werken muss man in der Kunstgeschichte hingegen suchen und wird kaum fündig. Hier ist in Hinblick auf die Wirkung – neben dem bereits erwähnten Beispiel der Arbeiter von Courbet – sozialistische Kunst zumindest erwähnenswert, wenn zum Beispiel in Bildern von arbeitenden Frauen und fürsorglichen Vätern eine positive Zukunft des Lebens im Sozialismus gezeichnet werden sollte, nicht zuletzt zu dem Zweck, die Betrachter*innen zu erbauen und zu motivieren.

Hier sehen Sie beispielsweise ein Wandbild von Max Lingner mit dem Titel „Aufbau der Republik“ von 1952/53, das sich am Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin befindet. (Zum Bild hier entlang.) Dargestellt ist eine sozialistische Utopie: die Einheit und Gleichheit aller Gegensätze, hier kommen Arbeiter und Intellektuelle, Stadt- und Landbewohner, Männer und Frauen zusammen. 

Zwar kann man dieses Bild durchaus als Motivationsbild ansehen, da es den Bürger*innen eine gute und glückliche Zukunft verheißt, wenn die klassenlose Gesellschaft eintritt. Allerdings waren solche Bilder kein Werkzeug der Machtlosen zur Selbstermächtigung, sondern ein Werkzeug der Machthaber zur Erziehung der von ihnen Unterdrückten – also kein Empowerment.

Auch in der feministischen Kunst war die Strategie des Empowerment bis vor einigen Jahren nur selten zu finden oder wurde scharf kritisiert. Künstlerinnen wie Louis Bourgeois oder Kiki Smith besannen sich zwar bereits auf etwas spezifisch Weibliches und nutzten dies als „Ressource“ für ihre Kunst, wenn sie Schamlippen oder den Uterus modellierten. Man denke zum Beispiel an die Arbeit „Janus Fleuri“ von Louis Bourgeois aus dem Jahr 1968, die eine Kombination männlicher und weiblicher Geschlechtsteile in Bronze gefasst hat. (Zum Bild hier entlang.) Aber Form und Materialität der Skulptur regten nicht dazu an, die eigene Geschlechtlichkeit als Stärke und Kraft zu empfinden, sondern vielmehr (und das ist freilich nicht weniger relevant!) über die damit verbundenen Erfahrungen von Ausgrenzung und Leid nachzudenken, von „Unbehagen“ und „Verwundbarkeit“ zu sprechen. Die Präsentation (das Objekt hängt von der Decke und befindet sich auf Augenhöhe der Betrachter*innen) wurde als eine „Störung“, „Beunruhigung“ oder sogar als „Bedrohung der eigenen imaginierten Identität“ erfahren.[14] Von Empowerment kann hier also ebenfalls nicht die Rede sein.

Als ein frühes Beispiel für empowernde Kunst können hingegen einige Arbeiten von Judy Chicago angesehen werden, darunter eine Arbeit von 1974, die eine Vulva auf einem Porzellanteller zeigt. (Zum Bild hier entlang.) Die Vulva besitzt große fleischliche Schamlippen, die auf dem darunter befindlichen Papier auf eine Weise verlängert wurden, dass sie wie ausgebreitete Flügel aussehen. 

Was daran empowernd ist, bemerkt man spätestens, wenn man die um den Teller platzierte kreisrunde (und titelgebende) Inschrift »Flesh spreading her wings and preparing to fly« gelesen hat: Judy Chicago inszeniert ein weibliches Geschlecht, das seine Flügel ausbreitet und zum Flug ansetzt. Eine Vulva, die sich im Aufbruch befindet, zum Befreiungsschlag ansetzt. Es ist ein Bild, das Mut machen soll, an emanzipatorische Ziele zu glauben – und dabei zugleich gezielt gegen das bisher vorherrschende Sprachbild des Lochs und der damit verbundenen Marginalisierung des weiblichen Geschlechts als Leerstelle vorgeht – und zwar visuell, mithilfe eines Bildes: Die Vulva, so zeigt es ihre Arbeit, ist eben kein Loch, sondern hat eine eigene ausdrucksstarke Form. Damit hat Judy Chicago „Empowerment“ auch als Bildstrategie etabliert. 

Empowerment als Bildstrategie hat sich mittlerweile in Sozialen Netzwerken wie Instagram oder Tumblr, aber auch darüber hinaus in Aktionismus, Werbung und Kunst etabliert.

Häufige Themen sind neben Geschlechtszuschreibungen und Diversität auch gängige Schönheitsideale. Sehr beliebt ist etwa das Motiv der Achselhaare bei Frauen. Das mag vielen als banal oder längst nicht mehr anstößig vorkommen, mir geht das zumindest so, da es aber weiterhin hitzige Diskussionen im Netz und Feuilleton auslöst, sei das Motiv trotzdem ernst genommen.

Im Frühjahr 2019 wurde etwa eine Fotografie von Arvida Byström ausführlich diskutiert: Eine junge, gutaussehende Frau schaut selbstbewusst in die Kamera, die Arme hat sie hinter ihrem Kopf verschränkt, und weil sie nur einen Spitzen-BH trägt, liegen die wildgewachsenen Achselhaare frei, werden der Kamera stolz präsentiert. Ihr Blick ist herausfordernd, er fragt nicht – sondern sagt: ‚Seht her, das ist schön‘. Die pastelligen, weichgezeichneten Farben und die Attraktivität der Frau zeugen davon, dass dieses Bild nicht auf eine Störung, einen Schock, eine Provokation angelegt ist, sondern gefallen und dadurch empowern möchte. 

Mit ihrer Fotografie macht sie ein Angebot, wie man Achselhaare wahrnehmen kann: nämlich nicht als eklig, sondern als schön. Hier lässt sich gut der Unterschied zur eingangs gezeigten Bildstrategie von Christina Aguilera zeigen: während im Beautiful-Clip gerade die Abwesenheit von Schönheit gezeigt wird, Menschen, wie sie bislang gesehen wurden, nämlich mit vermeintlichen Makeln und Schwächen, wird beim Empowerment Schönheit zur treibenden Kraft.

Vergleicht man etwa die Stills aus „Beautiful“ mit Bildern des nicht nur in den Sozialen Medien erfolgreichen Fotografen Myles Loftin, fällt auf, dass zwar in beiden Fällen das Konzept ‚Männlichkeit’ hinterfragt wird, allerdings auf völlig unterschiedliche Weise: Während Aguilera beklagt, dass Transsexualität nicht akzeptiert ist, versetzt Loftin Transsexuelle in eine Welt, in der man sie tatsächlich ‚beautiful‘ findet. Dafür bedarf es – hier nur nebenbei bemerkt, denn die sich daraus ergebenden Folgerungen stellen einen eigenen und höchst interessanten Diskurs dar – meistens einer Absage an authentische oder realistische Darstellungsweisen.

Wie auch bei der Provokation geht es letztlich darum, ein Tabu abzuschaffen, allerdings mit anderen Mitteln. Spricht man bei der Provokation von einem deutlich aggressiveren und angriffslustigeren „Tabubruch“ oder einer „Grenzverletzung“, geht es beim Empowerment als Bildstrategie um eine Umcodierung: Was bisher als Tabu galt, soll durch eine Ästhetisierung überwunden werden, bis es selbstverständlich ist. 

Tatsächlich führt der Tabubruch meistens viel schneller und damit effektiver dazu, ein Thema präsent zu machen und für die Sichtbarkeit von Missverhältnissen zu sorgen, nicht zuletzt, weil er durch die Adressierung der Gegner mehr Aufmerksamkeit erregt. Empowerment ist hingegen eine Strategie, die auf Nachhaltigkeit angelegt ist, bei der es um eine dauerhafte Akzeptanz geht.

Dass Bilder wie das von Byström auch tatsächlich empowern – und das nicht nur eine Spekulation von mir ist –, lässt sich gut den Kommentaren auf den Instagram-Accounts der Künstler*innen entnehmen. Eine andere Fotografie von Byström zeigt ebenfalls die Künstlerin selbst, wie sie in knalligen Pinktönen und mit Blumen verziert die deutlich weniger akzeptierte Beinbehaarung in den Fokus ihres Selfies rückt.

In den Kommentaren heißt es: „thank you. thank you thank you thank you. i’m going into high school in two days and i’m seriously self conscious about my legs. this is what i need. thank you again and again. ❤️❤️❤️“ oder „Wonderful leghair“. 

Negative Kommentare sind hier nicht zu finden. Das könnte zwei Gründe haben: Entweder wurden diese von der Künstlerin gelöscht, weil sie den gewollten empowernden Effekt zunichtemachen würden, oder aber – und das halte ich ebenfalls für realistisch – ihre Community ist sehr homogen. D.h. die Personen, die ihr folgen und an die ihre Bilder auch adressiert sind, besitzen überwiegend eine ähnliche Haltung wie die Künstlerin selbst.

Tatsächlich gibt es viele Bilder und Werke, die eigentlich ‚empowern‘ sollen, aber trotzdem – manchmal gewollt, manchmal ungewollt – provozieren. Die Voraussetzung für Provokation war, um nochmal mit Urs Stäheli zu sprechen, dass „der Adressat der Provokation nicht […] im eigenen System zu finden ist.“ Das heißt, wenn die empowernden Bilder die eigene Community verlassen und in eine breitere Öffentlichkeit geraten, können sie durchaus auch als Provokation wahrgenommen werden. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich Bilder auch außerhalb der eigenen Community verbreiten, ist in Sozialen Netzwerken besonders hoch.

Mehr noch als die Arbeiten von Künstler*innen betrifft das Werbebilder in Sozialen Netzwerken, da diese meistens ein deutlich heterogeneres Publikum besitzen. So hat etwa eine Werbung der Sportmarke Nike, auf der ebenfalls eine starke Frau mit – sogar deutlich dezenterem – Achselhaar zu sehen ist, sehr viel Unmut auf sich gezogen: Es häuften sich abfällige Kommentare wie „Das ist widerlich.“, „Schrecklicher PR-Move.“, „Gebt der Frau einen Rasierer“ oder „Ich kann dieses Foto förmlich riechen“.

Wenn Bilder provozieren, obwohl sie es nicht sollen, ist das aber nicht immer unproduktiv und führt eine Debatte auch nicht zwangsläufig ad absurdum. Denn Netzaktivismus wird vor allem durch solche Bilder begünstigt, die auch affizieren. Bilder lösen zwar insgesamt im Netz sehr starke Gefühle und in Folge dessen auch spontane Reaktionen aus. Allerdings affizieren solche Postings, die negative Gefühle auslösen, stärker, als positive, empowernde Bilder. Und diesen Affekten wird dann durch Liken, Teilen oder Rebloggen und Kommentieren nachgegangen, wodurch sich die Reichweite um ein Vielfaches steigern lässt!

Deshalb ist ein Bild heutzutage dann am wirkungsvollsten, wenn es empowern möchte und dies auch in bestimmten Communities tut, dabei aber gleichzeitig auch außerhalb des eigenen Systems provoziert, denn nur so entsteht eine Debattendynamik, die bestimmten Themen überhaupt erst zu Sichtbarkeit in einer breiten Öffentlichkeit verhilft.

Umgekehrt ist die nachhaltige Bedeutung von Empowerment in der Bildproduktion und -rezeption nicht zu unterschätzen. Viele Bilder der genannten Künstler*innen werden heute in Werbung und Popkultur aufgegriffen und weiterentwickelt, haben sich in die Massenkultur geschlichen und etablieren sich sogar zunehmend über die Geschlechterzuweisungen hinaus.

Wer im Empowerment, wie es Journalist*innen traditionsgemäß regelmäßig tun, nur eine „Pseudo-Provokation“, einen „wunderhübschem Light-Feminismus“ sehen und ihn als verweichlicht und folgenlos kritisieren, der oder die verkennt, dass es sich dabei um eine eigenständige und wirkungsvolle Strategie in einem Kulturkampf handelt, die zwar nicht vorsätzlich das etablierte System angreift, um es zu stürzen – wie bei der Provokation –, aber doch Schritt für Schritt bestehende Werte und Normen zum Erodieren bringt.

 

Anmerkungen

[1] Gerhard Paul: BilderMACHT. Studien zur Visual History des 20. und 21. Jahrhunderts. Wallstein Verlag: Göttingen 2013. S. 629.

[2] Ebd.

[3] Horst Bredekamp, Ulrich Raulff: Wir sind befremdete Komplizen. Triumphgesten, Ermächtigungsstrategien und Körperpolitik, in: Süddeutsche Zeitung vom 28. Mai 2004.

[4] Barbara Kuchler: #OhneMich, in: ZEIT ONLINE, 12.11.2017. Via: http://www.zeit.de/kultur/2017-11/sexismus-metoo-sexuelle-uebergriffe-aussehen/komplettansicht.

[5] Bixa Jankovska: Entschuldigung, aber was ist eigentlich aus diesem Feminismus geworden?, in: Groschenphilosophin, 16.2.2018. Via: http://www.groschenphilosophin.at/2018/02/entschuldigung-aber-was-ist-eigentlich-aus-diesem-feminismus-geworden/

[6] Ebd.

[7] Ebd.

[8] Peter Weiss: Die Ästhetik des Widerstands. Suhrkamp: Frankfurt am Main 2005 [1975]. S. 60

[9] Ebd.

[10] Barbara Bryant Solomon: Black Empowerment: Social Work in Oppressed Communities. Columbia University Press: New York 1976. S. 12. („[I]ndividuals and groups in black communities have been subjected to negative valuations from the larger society to such an extent that powerlessness in the group is pervasive and crippling.“)

[11] Norbert Herriger: Empowerment-Landkarte: Diskurse, normative Rahmung, Kritik, in: Politik und Zeitgeschichte 64, 2014. S. 13–14. Vgl.: http://www.bpb.de/apuz/180866/empowerment-landkarte?p=all

[12] Urs Stäheli: Pop als Provokation?, in: Soziale Systeme, Band 10, Heft 2, 2004. S. 333–339. Hier S. 335.

[13] Johannes M. Hedinger, Basil Rogger: Provokation – Protest – Kunst. Eine Ménage à trois, in: Ruedi Widmer et. al. (Hrsg.): Protest. Eine Zukunftspraxis. Lars Müller Publishers: Zürich 2018. S. 118-121. Hier S. 118.

[14] Andrea Jahn: Louise Bourgeoise’ „Abject Abstractions“ oder das Unbehagen einer Modenschau der Körperteile, in: Frauen Kunst Wissenschaft Sonderheft (Nr. 23A). Festzeitschrift für Kathrin Hoffmann-Curtius, 1997. S. 56-67.

 

Literatur

Horst Bredekamp, Ulrich Raulff: Wir sind befremdete Komplizen. Triumphgesten, Ermächtigungsstrategien und Körperpolitik, in: Süddeutsche Zeitung vom 28. Mai 2004.

Ian Cunningham, Jeff Hyman, Chris Baldry: Empowerment: the power to do what?, in: Industrial Relations Journal 27:2, 1996.

Johannes M. Hedinger, Basil Rogger: Provokation – Protest – Kunst. Eine Ménage à trois, in: Ruedi Widmer et. al. (Hrsg.): Protest. Eine Zukunftspraxis. Lars Müller Publishers: Zürich 2018.

Norbert Herriger: Empowerment-Landkarte: Diskurse, normative Rahmung, Kritik, in: Politik und Zeitgeschichte 64, 2014.

Andrea Jahn: Louise Bourgeoise’ „Abject Abstractions“ oder das Unbehagen einer Modenschau der Körperteile, in: Frauen Kunst Wissenschaft Sonderheft (Nr. 23A). Festzeitschrift für Kathrin Hoffmann-Curtius, 1997.

Bixa Jankovska: Entschuldigung, aber was ist eigentlich aus diesem Feminismus geworden?, in: Groschenphilosophin, 16.2.2018.

Barbara Kuchler: #OhneMich, in: ZEIT ONLINE, 12.11.2017.

Gerhard Paul: BilderMACHT. Studien zur Visual History des 20. und 21. Jahrhunderts. Wallstein Verlag: Göttingen 2013.

Barbara Bryant Solomon: Black Empowerment: Social Work in Oppressed Communities. Columbia University Press: New York 1976.

Urs Stäheli: Pop als Provokation?, in: Soziale Systeme, Band 10, Heft 2, 2004.

Peter Weiss: Die Ästhetik des Widerstands. Suhrkamp: Frankfurt am Main 2005 [1975].

 

[Der Aufsatz ist das gekürzte Manuskript eines Vortrags, den Annekathrin Kohout im Dezember 2019 im Rahmen der Ringvorlesung „Digitale Sichtbarkeit“ an der Universität Greifswald gehalten hat.]

Annekathrin Kohout ist Autorin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Germanistischen Seminar der Universität Siegen.