Geteilte Drohung
von Daniel Hornuff
23.9.2019

»Die Neue Rechte und ihr Design« – zur Bedeutung von Gewaltsuggestionen in Social Media

[Vorabveröffentlichung eines Kapitel aus:
Daniel Hornuff, Die Neue Rechte und ihr Design. Vom ästhetischen Angriff auf die offene Gesellschaft,
Bielefeld 2019, transcript Verlag, S. 91-99]

Zum Gewaltaufruf

Für ihn sei es »eine bewusste Entscheidung«. Eine knappe Stunde lang trägt Martin Sellner im Februar 2017 bei der »Winterakadmie des Instituts für Staatspolitik« das »Bekenntnis der Identitären zum gewaltlosen Widerstand«[1] vor. Kern seiner Ausführungen bildet der Versuch, das »gewaltlose Vorgehen« als vorteilhaft gegenüber einer gewaltsam erzwungenen Machtergreifung zu begründen. Die Durchsetzung des eigenen Anspruchs müsse in Gestalt eines »idealistische[n] Aktivismus« befördert werden. 

Meme in der Absicht eines mehrfachen Mordaufrufs.

Der Verweis auf die »bewusste Entscheidung« dient Sellner dazu, den Aufruf zur Gewaltlosigkeit als Ergebnis einer »strategischen Überlegung« vorzustellen. Es geht also gerade nicht um das generelle Zurückweisen jeglicher Gewalt. Man verlege sich besser darauf, »die Gegner, die Antifa, die Islamisten in das offene Messer der Militanz und Gewalttätigkeit laufen zu lassen, damit der Staat letztendlich sie abschüttelt«. Der Gewaltverzicht ist somit weder ein politisches Prinzip noch eine leitende Haltung. Er sei einzig deshalb zu bevorzugen, weil es mit ihm unter den aktuell herrschenden Bedingungen leichter falle, das Eigeninteresse zu verwirklichen. 

Folglich verwundert es nicht, wenn Sellner noch einen Schritt weitergeht, indem er in das Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit eine Hintertür zur Gewaltausübung einbaut: »Wir wissen, dass es besser ist und besser wirkt, und deshalb geht Gewaltlosigkeit und gewaltlose Disziplin für mich Hand in Hand mit der Fähigkeit, sich selber wehren zu können.« Da nach Auffassung der Identitären Bewegung die liberalen europäischen Staaten versagt und mit ihren Organen unmittelbar vor dem Kollaps stünden, erscheint der Bedarf, sich zu wehren, als ständig gegeben – so dass Sellners explizite Absage an eine Gewaltinitiative eine implizite Aufforderung zur Gewaltreaktion enthält. 

Bedeutsam ist weiterhin, dass sich Sellner in diesem Vortrag weder von der rechtsextremistisch motivierten Gewalt anderer noch von (unbeabsichtigter) Gewalt im Namen der Identitären distanziert. Im Gegenteil: Wörtlich wird von einer »ganz wichtige[n] Stütze für die metapolitische Veränderung« gesprochen und die Identitären damit als zusätzliche Kraft für die rechtsnationalistische Tendenz präsentiert. Der Verzicht auf den Einsatz von Gewalt wird somit auch hier auf eine lediglich partielle Ergänzung im gemeinsamen Kampf gegen den ›großen Austausch‹ beschränkt. Die Drecksarbeit, so darf man schließen, bleibt inhärenter Bestandteil.[2] 

Vor dem Hintergrund dieser und ähnlicher Positionierungen wird ersichtlich, dass der neurechte Aufschwung nur dann im Kern zu verstehen ist, wenn auch seine ästhetisierten Gewaltphantasien Beachtung finden. Denn darauf spekulieren Sellner und andere Identitäre immer wieder: Im notorischen Beschwören eines ästhetischen Aktivismus sollen Gewaltneigungen imaginativ entfesselt, soll in bildlichen, habituellen und performativen Formaten den eigenen Gewaltvorstellungen freier Ausdruck gewährt werden. Entsprechend ungehemmt äußern sich viele Anhängerinnen und Anhänger neurechter Bewegungen auf entsprechenden Plattformen und in den Sozialen Netzwerken. 

Als wichtigste Artikulationstechniken haben sich in diesem Zusammenhang sogenannte Memes etabliert. Gelten sie manchen bereits als »das ›Fast Food des Internets‹, weil sie Nutzerbedürfnisse direkt stillen können«[3], lassen sie sich erst recht dazu vereinnahmen, besonders drängende Bedürfnisse zu befriedigen. Über Memes werden nicht nur politische Präferenzen ausgehandelt und unterschiedliche Weltsichten miteinander in Kontakt gebracht; oft übernehmen sie eine bestätigende Funktion, werden also gepostet und geteilt, um Zustimmung zu bekunden. Dennoch sind Memes alles andere als ungebrochene Bekenntnisträger. 

Vielmehr ist mit ihnen stets auch eine ironisch-kommentierende Funktion verbunden, über die sich wiederum Distanz zu aktuellen Ereignissen oder jüngsten Berichterstattungen herstellen lässt. »Internet-Memes«, so die Einschätzung einer diesbezüglichen Studie, »könnte man fast schon als maximal eingedampfte Story bezeichnen. Es bedarf hier oftmals gar keiner epischen Ausschweifung, sondern einer prägnanten Darstellung von Inhalten, die uns unmittelbar […] anspricht […]. Zumeist ist es sogar so, dass Internet-Memes vorhandene Geschichten als Vehikel benutzen, als Trigger.«[4] Neben einer situativen Reflexion können sie also auch die Rolle einer Verstärkung einnehmen und somit bereits angelegte Auffassungen bis zur Verhärtung intensivieren. 

Eines der international meistgeteilten rechtsextremistischen Memes ist das eingangs gezeigte. Nachdem Nike einen Sport-Hijab entwickelt und diesen 2018 auf den Markt gebracht hatte, kursierte in direkter Reaktion auf neurechten, rechtspopulistischen und offen rechtsradikalen Netzwerk-Accounts neben dem erwähnten noch ein zweites Meme. Beide zeigen einen Ausschnitt aus der Nike-Kampagne und kombinieren das darin präsentierte Kleidungsstück mit einem Berg faustgroßer, Logo-bedruckter Steine beziehungsweise – wie vorliegend – mit einer entsprechend gebrandeten Machete. 

Die jeweils nebengestellten Textstücke stellen denn auch einen Zusammenhang zwischen dem Wunsch nach dem Kleidungsstück und (männlichen) Gewaltakten her. Höhnisch wird insinuiert, dass die Entfaltung des Konsums im Zuge einer gestiegenen Emanzipation zur archaisch-patriarchalen Bestrafung führe. Damit wird das rassistische Stereotyp von der muslimischen Rückständigkeit aufgenommen und als Voraussetzung zum Tötungsdelikt ausgelegt. 

Doch Eindeutigkeit ist nicht die Sache eines Memes. Gerade weil es sich kommentierend auf einen (angenommenen) Sachverhalt bezieht, öffnet es Deutungsräume. Besonders anschaulich fasste dies Angela Nagle, als sie mit Blick auf einige in den USA zirkulierende, rechtsextremistische Memes fragte: »Wissen die an solchen Memes Beteiligten überhaupt noch, was sie antreibt und ob sie es selbst ernst meinen oder nicht? Könnte es sein, dass sie in ein und demselben Medienphänomen gleichzeitig ironische Parodist_innen und ernsthafte Akteur_innen darstellen?«[5] 

Diese – nur scheinbare – Paradoxie dürfte ebenso auf Gestaltungen zutreffen, die einzig auf die Entwürdigung vermeintlich homogener Personengruppen gerichtet sind. So wird das Hijab-Meme keineswegs nur als kulturchauvinistisches Gimmick wahrgenommen. Aus den zahllosen begleitenden Kommentaren ist zu erfahren, dass die Darstellung auch als Mordaufruf aufgefasst wird. Die Zusammenstellung von einer als kulturell defizitär konzipierten Person und Tötungswerkzeugen veranlasst zum Sinnieren darüber, ob man die Sache nicht auch selbst in die Hand nehmen könne – oder gar müsse. Letztlich würde damit ja nur ein kulturtypischer Brauch übernommen, ja mit der Tötung wäre gar ein Zeichen des Respekts an die ›dort‹ herrschende Tradition zu senden. 

Diese und ähnliche Entfesselungen zeigen, wohin der von Sellner apostrophierte ›idealistische Aktivismus‹ führen kann. Obgleich weder Sellner persönlich noch die Identitäre Bewegung als Kollektiv an der Entwicklung dieser beiden Memes beteiligt waren – und obwohl auch sonst kein Zusammenhang besteht –, ist das verbreitete Klima nicht aus der mittelbaren Verantwortung zu entlassen. Das intellektualisierte Anstacheln zur Absenkung von Gewalthemmungen wirkt insofern, als es der Gewalt eine politische Legitimation in Aussicht stellt. 

Wer sich in und mit solchen Memes bis an die Grenze zur strafrechtlichen Relevanz auslässt, der kann sich mithilfe des identitären Überbaus moralisch entlasten. Dafür braucht es keinen Direktkontakt zwischen ästhetischen Setzungen und den Protagonisten der Bewegung. Wie Sellner selbst kundgibt, gehe es einzig darum, auf je eigenem Terrain die gemeinsame Sache voranzutreiben. 

Derartige Memes fungieren daher vorrangig im Sinne der ideologischen Festigung. Indem man sie empfängt und teilt, knüpft man am gemeinsamen Netz. Und mehr noch: Vor allem das Teilen und Weiterverbreiten kann ein Gefühl autoritärer Eigenaktivität bestärken. Schließlich hat man sich wieder einmal für das Gemeinsame eingesetzt, selbst wenn es nur ein paar Klicks und allenfalls ein rasch dahingeschriebener Kommentar waren! In der scheinbaren Beiläufigkeit des Tuns gedeiht die Radikalisierung still und weitgeend unbemerkt – wobei es oft genug gerade solch nebensächliche Tätigkeiten sind, über die sich Selbstverständlichkeit einstellt. 

Wenn also das Teilen eines – bestenfalls halb kaschierten – Mordaufrufs wie nebenbei geschieht, hat dann ein solcher Aufruf nicht bereits die Stufe des Gewöhnlichen erreicht? Ist er damit nicht schon als lebenspraktische Option akzeptiert? Und sind mit dieser Akzeptanz nicht auch Grenzmauern zwischen Aufruf und Ausführung geschwächt? 

Beitrag der AfD-Jugend zum öf fentlichen Umgang mit Straf tatbeständen.

Wie ästhetisch brachial bei gegebenem Anlass an diesen Grenzmauern gehämmert wird, demonstrierte Anfang 2016 Thüringens Junge Alternative. Nachdem es in der zurückliegenden Silvesternacht im Bereich des Kölner Hauptbahnhofs und des Doms zu sexualisierten Übergriffen an Frauen gekommen war, äußerte sich Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Rahmen einer Pressekonferenz zu allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen. 

Dabei verwies Reker darauf, dass es »immer eine Möglichkeit« sei, »eine gewisse Distanz zu halten, die mehr als eine Armlänge betrifft«.[6] In der Folge kam es zu teils äußerst aggressiven, unter #EineArmlaenge gebündelten Protesten rechtsnationalistischer Gruppierungen. Dass diese dabei durchgängig einer verdrehten Falschauslegung des Statements aufsaßen, ging in der auf kochenden Wut fast vollständig unter. 

Der gezeigte – und bis heute[7] nicht gelöschte – Facebook-Post steht prototypisch für eine spezifische Designpraxis der Neuen Rechten. Derart offen vorgetragene Morddrohungen scheren sich nicht mehr um ein Spiel mit Andeutungen oder um ein Jonglieren mit wendigen Mehrdeutigkeiten. Stattdessen wird einem Kult direkter Botschaften gefrönt. Ersichtlich vom Eindruck berauscht, im Grunde nichts mehr (be-)fürchten zu müssen, gibt es auch keinen Anlass mehr, irgendwelchen Hemmungen Gehör zu schenken. Die Inszenierung der vorgehaltenen Waffe im Zusammenwirken mit der aufgebrachten Textdrohung dürfte in eine gleich dreifache Mobilisierung investieren: So wird mit dem Post erstens gegen »die katastrophale Asyl- und Einwanderungspolitik«[8] gehetzt, indem die vorgefallenen Straftatbestände als deren automatische Folgen behauptet werden. Zweitens wird der vermeintlich Fremde – wer auch immer damit gemeint sein mag – ins Visier genommen und indirekt zum Abschuss freigegeben. Und drittens wird die Waffe symbolisch gegen die Oberbürgermeisterin gerichtet, die nur ein Jahr zuvor Opfer eines rechtsextremistisch motivierten Attentats geworden war. 

Damit ist klar, dass der Zweck solch buchstäblich sprechender Arrangements im Aufwallen einer diffusen fremden- und politikfeindlichen Stimmung liegt. Letztlich setzen derartige Veröffentlichungen auf die schleichende Herbeiführung unkontrollierbarer Zustände. Man möchte die gegebene Ordnung in chaotische Konstellationen kippen (lassen), um die eigene politische Kraft als ultimativ durchgreifende, neue Ordnungsmacht einsetzen zu können. Dies dürfte auch der Grund sein, warum rechtspopulistische Parteien solche Posts, sofern sie weder von Netzwerkbetreibern gelöscht noch strafrechtlich sanktioniert[9] werden, möglichst lange auf ihren Seiten belassen. Denn gerade hier kommt offenen Kommentarfunktionen eminente Bedeutung zu. 

Dazu Beispiele: Unter dem genannten Post bläst User »Norbert Hanser« direkt zur »Attacke«; Mitkommentator »Frank Müller« zeigt sich erfreut und denkt die Sache in größere Dimensionen: »Cool! Weiter so! Ohne viel Worte auf den Punkt gebracht. So könnte mal unsere Zukunft aussehen, wenn CDUSPDGrüneLinke unser Land weiter runterdemokratisieren«; »Chris Modell« wiederum spendet unumwunden Lob für das »Spitzen Plakat. Provokant aber Sehr gut«; und »Holger Herrmann« geht auf direktem Weg ins Grundsätzliche: »Wir müssen uns und unser Land selber schützen der Staat macht es ja nicht.«[10] 

Dies mag verdeutlichen, dass das neurechte Hantieren mit öffentlich ausgebreiteten Gewaltsuggestionen nicht isoliert zu betrachten ist. Entscheidend ist das kommunikative Zusammenwirken zwischen Designentwürfen und deren kommentierender Rezeption. Dieses im Grunde geschlossen-homogene Wechselspiel aus Angebot und Nachfrage kann befördern, was gemeinhin als ideologische Radikalisierung bezeichnet wird. Zwar sind solche Posts keineswegs ausschlagend für ein Abdriften in den gewaltbereiten Extremismus, wie es überhaupt widersinnig ist, den soziokulturellen Kontext solcher Einlassungen auszublenden. Dennoch übernehmen derartige Posts die Aufgabe eines kleinen weltanschaulichen Fitness-Zentrums, gestatten also, eine bereits angelegte Einstellung durch deren Kräftigung weiter zu vereinseitigen. 

Die mutmaßlich von einem Rechtsextremisten verübte Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019 hat einmal mehr die Gefahr ins Bewusstsein gehoben, die von solch angeleiteten Kraftübungen ausgeht. Insbesondere gelangte in der Folge neben dem ideologischen auch der ästhetische Radikalismus rechtsnationalistischer Nischen an das Licht der Öffentlichkeit. So wurde einsehbar, wie gestalterisch ungeniert gehetzt worden war: Fotografien und Grafiken von Pistolen und Galgen wechselten sich mit Parolen ab, die ein »An die Wand stellen!«[11] forderten und andere dazu anstachelten, doch endlich das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Lange vor der Tat bildete sich so ein riesiges, waberndes Netzwerk des auf kochenden Hasses, das dazu einlud, stets noch härtere Stoffe und immer gewagtere Inszenierungen beizusteuern. 

Besonders bedrückend war aber, dass schließlich auch die Tat dazu genutzt wurde, letzte Zurückhaltungen fallen zu lassen. Der aufbrechende Triumph, es tatsächlich ›geschafft‹ zu haben, berauschte sich an der Vorstellung, das Erreichte nun an anderen und an anderer Stelle fortzusetzen. Neonazistische Bünde schickten »Grüße an den Bruder in Haft«, posteten Porträtfotos von Lübcke in Kombination mit Bildern von der Ermittlungsarbeit, um diesen durch Textbeigaben die Aussicht auf neue Aktionen an die Seite zu stellen: »Es wird geschehen, der Tag ist nicht mehr fern. Da werden all’ die hohen Herrn gehangen an die Latern’.«[12] 

Die Entwicklungen im Nachgang der Tat markieren eine Zäsur. Das beredte Schweigen der parlamentarisch organisierten Rechten und das Triumphgebrüll der Neonazis offenbaren die Bruderschaft im Geiste. Bis zu diesem Zeitpunkt war mit einigen guten Gründen davon auszugehen, dass es ein Gebot der Stunde sei, um die liberalen Konservativen in rechtsnationalistischen Kreisen zu kämpfen; dass es sich lohne, den Dialog, so mühselig und ernüchternd er sich im Einzelfall auch gestalten mag, aktiv zu suchen, um Verlorengegangene zurückzugewinnen; ja dass es von zivilgesellschaftlicher wie demokratiepolitischer Verantwortung sei, die ausgrenzenden Tendenzen in der Gesellschaft durch Überzeugungsarbeit wieder schrittweise einzufangen. 

Klar ist nun aber: Große Teile der Neuen Rechten werden sich weder strukturell noch ideologisch vom gewaltbereiten Rechtsextremismus abspalten. Im Gegenteil: Durch sie gewinnt der Rechtsextremismus erst jene Gestalt, die ihm Zugang zur Mitte der Gesellschaft ermöglicht. Rechtsextremismus und Teile der Neuen Rechten verhalten sich zueinander wie die Wurzel zum Baum: Ohne Verflechtungen im Untergrund könnte das Herausragende nicht existieren. Und erst das Zusammenwirken beider Elemente verleiht dem Organismus Vitalität. 

Dem Willen zur Auseinandersetzung muss daher ein Wille zur harten gesellschaftspolitischen Ächtung und konsequenten parlamentarischen Stigmatisierung vorausgehen. Mit Rechten zu reden setzt die Schmähung einer Ideologie voraus, die ersichtlich bereit ist, Gewaltverbrechen unterschiedlichster Art als zumindest hinnehmbare Mittel einzustufen. Dies wiederum muss zur Folge haben, dass fortan jede Form politischer Kooperation tabuisiert wird. 

Der ästhetische Angriff auf die offene Gesellschaft durch die Designanstrengungen der Neuen Rechten diversifiziert rechtsextremistische Handlungsbereitschaft – auch und gerade beim Spiel mit Tötungsabsichten. Doch eben dies bedeutet: Die Feinde der offenen Gesellschaft stehen nicht länger an deren Rand, sie leben nicht mehr im Modus des scheinbar radikal Anderen. Ihre Vertreterinnen und Vertreter befinden sich inmitten des gesellschaftlichen Raums. Wie also mit ihnen umgehen, ohne diesen Raum, den Grundkonsens eines zivilisatorischen Gemeinwesens, aufzugeben? 

 

Anmerkungen

[1] Charakterisierung entnommen der Beschreibung, mit der die Videoaufzeichnung des Vortrags auf dem YouTube-Account »kanal schnellroda« veröffentlich wurde, auf: https://www.youtube.com/watch?v=3gjTgCAYwaA
[2] Auszüge aus Martin Sellner: Gewaltloser Widerstand (Videomitschnitt eines Vortrags, gehalten am 18. Februar 2017 »im Rahmen der 17. Winterakademie des Instituts für Staatspolitik«), auf: https://www.youtube.com/watch?v=3gjTgCAYwaA.
[3] Anne Leiser: Erkenntnisse der empirischen Meme-Forschung: Nutzen und Wirkung politischer Internet-Memes aus Nutzerperspektive, in: Lars Bülow,Michael Johann (Hrsg.): Politische Internet-Memes – Theoretische Herausforderungen und empirische Befunde. Berlin 2019, S. 229–248, hier S. 242.
[4] Patrick Breitenbach: Memes: Das Web als kultureller Nährboden, in: Christian Stiegler, Patrick Breitenbach, Thomas Zorbach (Hrsg.): New Media Culture. Mediale Phänomene der Netzkultur. Bielefeld 2015, S. 29–50, hier S. 44.
[5] Angela Nagle: Die digitale Gegenrevolution. Online-Kulturkämpfe der Neuen Rechten von 4chan und Tumblr bis zur Alt-Right und Trump [engl. Original: Kill All Normies. Online Culture Wars From 4Chan And Tumblr To Trump And The Alt-Right. Alresford 2017]. Bielefeld 2018, S. 15.
[6] Zitiert nach Anonymus: Empörung über Rekers Hinweis auf Verhaltensregeln für Frauen. Kölns Bürgermeisterin wird für ihren Verweis auf einen Verhaltenskatalog für Frauen nach den Übergriffen scharf kritisiert. Dieser wurde aus dem Zusammenhang gerissen, in: ZEIT online (Beitrag vom 06.01.2016), auf: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-01/henriette-reker-koeln-silvester-einearmlaenge.
[7] Gemeint ist der 24.07.2019.
[8] Wiebke Muhsal, damalige Landesvorsitzende der Jungen Alternative Thüringen, auf: https://www.facebook.com/jungealternativethueringen/posts/dass- frau-reker-in-einer-solchen-situation-frauen-also-den-opfern-meint-em pfehle/1671310849806474/.
[9] Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Gera wurden in diesem Fall Vorermittlungen aufgenommen, allerdings keine Strafverfolgungen eingeleitet.
[10] Zitate unverändert der Kommentarleiste des Posts entnommen, auf: https://www.facebook.com/jungealternativethueringen/posts/dass-frau-reker-in-einer-solchen-situation-frauen-also-den-opfern-meint-empfehle/1671310849806474/.
[11] Zitiert nach Lars Wienand: Erika Steinbach heizte Hass auf Walter Lübcke neu an, in: t-online.de (Beitrag vom 17.06.2019), auf: https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_85876452/txtor_CS1-5019-%5Bfacebook%5D-%5B fanpage%5D-%5Bhandy%5D-%5B%5D/erika-steinbach-fachte-hass-auf-walter-luebcke-neu-an.html.
[12] Grafik und Text entnommen aus Stefan Schölermann: Braunschweiger Neonazis feiern Lübcke-Attentäter, in: NDR.de, auf: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Braunschweiger-Neonazis-feiern-Luebcke-Attentaeter,neonazis298.html.

 

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors und des transcript Verlags.
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