Mode November
von Sarah Eliasz
12.11.2016

Kurzlebige Mode?

Der rasche Modewechsel ist ein Phänomen, das wir seit der Industrialisierung beobachten können. Ein schneller Ablauf, der aus etwas Neuem, dessen zunehmender Nachahmung und der darauffolgenden Absonderung durch wieder Neues besteht. Doch während man sich früher darauf verlassen konnte, dass etwas zumindest eine Saison lang en vogue ist, sieht das mittlerweile anders aus.

Modemagazine informieren nicht im Jahres-, sondern im Monatsrhythmus darüber, was die It-pieces sind, Blogger zeigen uns auf der Social-Media-Plattform Instagram, was ihre Lovelies of the week sind, und Modelabels laden per Email-Newsletter wöchentlich dazu ein, die neue Kollektion zu shoppen. Es stellt sich die Frage, ob man diese ganzen Minitrends überhaupt noch als Mode bezeichnen kann.

Die einen bevorzugen Schlaghosen, die anderen Skinny Jeans, wieder andere Ripped Jeans und seit neustem werden nun auch Patchwork Jeans wieder getragen. Die einen setzen auf Minimalismus, die anderen auf Maximalismus. Was denn nun? Existiert der Kreislauf der Mode überhaupt noch oder ist er in dieser globalisierten, schnellen Welt gar nicht mehr anwendbar?

Es ist schwierig, sich in diesem wirren Chaos einen Überblick zu verschaffen, sich nicht von der Flut an Informationen verunsichert zu fühlen. Auf Neues folgt Neues, ohne die Gelegenheit zu haben, es nachzuahmen. Um up to date zu bleiben, müssen wir beinahe im Stundentakt online sein und Modenews abrufen. Heute schwört die „Vogue“ auf schulterfreie Pullover, „Harpers Bazaar“ setzt aber auf Pullis mit Stehkragen, und „Taff“ zeigt, dass Oversize-Pullover mit überlangen Ärmeln total im Trend sind.

Modetrends verlaufen heutzutage parallel, jeder trägt alles und das sorgt für Verwirrung. Gibt es noch Mode, die sich durchsetzt, die die Mehrheit trägt? Noch vor einiger Zeit konnte man festlegen, was nun in oder out ist. Eine Zeit lang trug jeder Hotpants, während Miniröcke nicht in Frage kamen. Heute aber schaut man in die Menge und stellt fest, dass kein Kleidungsstück wirklich dominant ist. Natürlich tragen manche Personen noch den Parka, andere dafür aber Daunenjacken und wieder andere gefütterte Jeans oder Bomberjacken.

Auf die Frage, welche Farben diese Saison getragen werden, ist die Antwort ‚alle‘. Kann man diesen Herbst/Winter auch Blümchenmuster tragen? Ja, genauso wie Karomuster, Hahnentrittmuster, Fischgrätenmuster, Punkte und Streifen, sowohl senkrecht als auch waagerecht.

Welche Länge ein Rock hat, ob Mini, Midi oder Maxi, spielt übrigens auch keine Rolle. Wenn es wenigstens etwas gäbe, das wirklich als absolut out gilt, aber sogar Adiletten mit weißen Tennissocken werden propagiert.

Ein wichtiger Grund dafür sind neue Vermittlungsinstanzen, die schneller und individueller auf Entwicklungen in der Modeszene reagieren können als klassische Printmedien. Die unzähligen Modeblogger präsentieren die Vielfalt an neuen Trends mehrmals täglich, so dass die Konsumenten jederzeit Zugriff auf aktuelle Neuigkeiten haben und sich so nonstop von verschiedensten Persönlichkeiten ‚inspirieren‘ lassen können.

Darum können wir zumindest selber entscheiden, wem wir folgen, ob wir diesen Winter lieber Samt, Nieten oder Leder tragen, ob wir Overknee-Stiefel, Halbstiefel oder doch Schnürboots bevorzugen und ob diese dann spitz oder eckig sein sollen. Die Entscheidung, welchen der vielen ‚Trends‘ wir in unseren Kleiderschrank aufnehmen, bleibt uns überlassen. Die eine ahmt nur noch das nach, was ihr momentan gefällt, der andere jenes.

So sagen wir ade zur Uniformierung und Nivellierung des Geschmacks. Mode kann man das aber nicht mehr nennen, was jetzt noch bleibt, überdauert länger, der Anzug, die Jeans, der Turnschuh, die Rüschenbluse etc., da greifen andere Begriffe besser, früher hätte man von ‚Tracht‘ gesprochen, heute von ‚Kultur‘.