Objektiver Journalismus?
von Anastasia Steinke
15.2.2016

Ausgewogene Wahrheiten

Am 29. September 2014 veröffentlichte Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell[1], ein Zwischenfazit zur Berichterstattung des Ukraine Konflikts. Die Stellungnahme war eine Reaktion auf die Kritik des ARD-Programmbeirats, die Berichterstattung sei „einseitig, wenig differenziert und lückenhaft“.[2] Das ARD-Gremium sah sich zu diesem ungewöhnlichen Schritt veranlasst, weil die Kritik von Zuschauern nicht abnahm, Informationen würden nicht realitätsgerecht wiedergegeben werden und sogar zuungunsten Russlands manipuliert.[3] Gniffke betonte zwar, die Redaktion würde „die Kritik sehr ernst [nehmen]“, es gebe aber „keinen Grund, sich für Fehler zu entschuldigen oder in der Berichterstattung nun gar ‚gegenzusteuern‘.“[4]

Zwei Tage später erschien eine aktualisierte Stellungnahme, in der eine Darstellung über den Tod zweier Einwohner aus der Ukraine vom 20. Mai 2014 korrigiert wurde. Dort hieß es, die ukrainischen Bürger seien durch „Kugeln der neuen Machthaber gestorben“, womit auf die Verbände der prorussischen Separatisten angespielt wurde. Nun müsse jedoch klargestellt werden, dass „der Bericht die Separatisten an dieser Stelle völlig zu Unrecht beschuldigt [hat]“, die Schützen wurden „der falschen Seite zugeordnet.“[5] Man werde in Zukunft versuchen, „vorsichtiger [zu] sein mit Urteilen, Wertungen und Schlussfolgerungen.“[6]

Auch »Der Spiegel«[7] wiederum erhielt am 09.09.2014 eine Missbilligung durch den Presserat, weil er die Opferfotos des Fluges MH17 auf der Titelseite zur Emotionalisierung im Sinne seiner politischen Botschaft instrumentalisierte. Dies sei ein eindeutiger Verstoß gegen den Pressekodex[8], wie der Beschwerdeausschuss einstimmig feststellte.

Diese Vorkommnisse stellen keine Einzelfälle dar, und auch die Kritik geht weit darüber hinaus, nur einige Artikel anzuprangern. »Transparency International« stellte in einer Studie von 2013 einen generellen Vertrauensverlust in die etablierten Medien fest: Über die Hälfte aller Befragten ist überzeugt, dass Rundfunk und Verlage von Korruption beeinflusst werden.[9]

Dem wachsenden Misstrauen von Teilen der Bevölkerung steht das Selbstverständnis der Journalisten gegenüber. Die Studie „Journalismus in Deutschland II“ (2005) ergab, dass 88,3 Prozent der befragten Journalisten die Abbildung der Realität als ihr oberstes Ziel ansehen. Die Mehrheit sei darüber hinaus überzeugt, dies auch erreichen zu können. Gleichzeitig sei die Zahl derjenigen, die ihre eigenen Ansichten präsentieren wollen, auf unter 20 Prozent gesunken.[10]

Öffentlichkeit und Demokratie

Die politische Funktion der Medien ergibt sich aus der gesellschaftlichen Funktion, verschiedene Teile der Gesellschaft, die nicht unmittelbar in Kontakt stehen, miteinander zu verbinden; nicht zuletzt werden auch die Politiker aus der Presse über die aktuelle Stimmung der Wähler informiert. Die wichtigere politische Funktion der Medien ist jedoch die Bereitstellung der Informationsgrundlage für Meinungsbildungen. Dies ist schon insofern ein politisches Anliegen, als Meinungen konkrete Handlungsfolgen haben können. Bei politischen Ereignissen wie z.B. Streiks oder Protesten bedingen Meinungen, ob Personen sich anschließen oder nicht, und insbesondere bei Wahlen kann sich der Einfluss medialer Informationen auf die Meinungsbildung noch entscheidender auswirken.

Da man Demokratien als Herrschaftsform definiert und postuliert, in der alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht[11], und da in liberalen Demokratien die Teilnahme an Wahlen das wichtigste Partizipationsmittel ist, kann dieser Prozess als grundlegend für demokratische Systeme betrachtet werden. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass „[d]ie ungehinderte Bildung der öffentlichen Meinung [es] erlaubt, das Ergebnis der Wahlen als repräsentativ für den Willen des Volkes anzuerkennen“.[12] Die Bereitstellung der für die Meinungsbildung des Souveräns – des Volks – notwendigen Informationen wird daher als „öffentliche Aufgabe“[13] der Medien durch das Grundgesetz geschützt.

Die Medien bilden einen integralen Bestandteil demokratischer Systeme. Jedoch ist der Prozess medial vermittelter Meinungsbildung komplexer als die eindimensionale Vorstellung, dass Bürger bloße Fakten aus den Nachrichten aufnehmen und sich individuelle Ansichten dazu bilden. Vielmehr erzeugen die Medien einen öffentlichen Raum für politische Kommunikation, in dem sich verschiedene Teilöffentlichkeiten zu einer abstrakten, medial vermittelten gesamtgesellschaftlichen (politischen) Öffentlichkeit verbinden. In ihr werden Beschlüsse und Pläne von Regierungen sowie auch von anderen wichtigen Organisationen (z.B. Gewerkschaften oder große Unternehmen) transparent gemacht. Gleichzeitig kann hier öffentlich über die Bedeutung von Ereignissen und Entscheidungen gerungen und Kritik geübt werden, was einen gesellschaftsübergreifenden Meinungsaustausch und die Herausbildung einer öffentlichen Meinung ermöglicht. Dies hat nicht nur Einfluss auf Ansichten und Wahlverhalten einzelner Bürger, sondern spielt für die Legitimation demokratischer Entscheidungen eine wichtige Rolle.

Nimmt man die Bedeutung von Demokratie als Herrschaft des Volkes ernst, müssen demokratisch legitimierte Regierungen im Sinne eines Volkswillens, verstanden als Gemeinwohl oder allgemeines Interesse, handeln. Dabei stellt sich die Frage, worin das allgemeine Interesse der Gesellschaft besteht bzw. wie dies zu ermitteln sei. Habermas plädiert mit dem Konzept einer „deliberativen Demokratie“ dafür, dass die Ermittlung des allgemeinen Willens im öffentlichen Diskurs stattfinden muss. Damit grenzt er sich einerseits ab von bürgerlich-libertären Demokratietheorien, wie derjenigen Schumpeters, in der politische Eliten um Zustimmung des Volks werben und als deren Repräsentanten den allgemeinen Willen vertreten, als auch von einem „fragwürdig gewordenen Totalitätskonzept von Gesellschaft“[14], wie demjenigen Wolfgang Abendroths, nach dem Demokratie in alle Teilbereiche der Gesellschaft vordringen müsse, um die Verwirklichung eines allgemeinen Willens zu ermöglichen, was insbesondere die gesellschaftliche Organisation der Produktionsmittel einschließt und daher letztlich eine Gleichsetzung von Demokratie und Sozialismus bedeutet.

Habermas plädiert für die Notwendigkeit einer wohlinformierten, hochpolitisierten Öffentlichkeit. Durch die diskursive Beratschlagung (Deliberation) über politische Themen soll der allgemeine Wille von Rousseaus „Konsensus der Herzen [zu einem] der Argumente“[15] werden. „Die kommunikativ verflüssigte Souveränität bringt sich in der Macht öffentlicher Diskurse zur Geltung, die Themen von gesamtgesellschaftlicher Relevanz entdecken, Werte interpretieren, Beiträge zu Problemlösungen leisten, gute Gründe produzieren und schlechte entwerten.“[16] Der öffentliche Diskurs ist dabei nicht unmittelbarer auf Beschlussfassung ausgerichtet (direkte Demokratie), sondern auf Problementdeckung und -lösung. Damit beschränkt sich die Macht der Öffentlichkeit auf die Beschaffung und den Entzug von Legitimation für demokratische Regierungen und deren Handeln.

Damit die Öffentlichkeit ‚vernünftige‘ Resultate hervorbringen kann,[17] muss ein hoher Anspruch an die Bürger selbst, aber vor allem auch an die mediale Vermittlung politischer Kommunikation gestellt werden. Zunächst müssen die Bürger gut und sachlich informiert werden. Zudem müssen, damit die Öffentlichkeit Probleme ‚entdecken‘ und ‚lösen‘ kann, anderen Teilöffentlichkeiten als der staatlich-verwaltungstechnischen Öffentlichkeit Räume gewährt werden, um sich zu äußern zu können,[18]. Zumindest bei einem solchen Verständnis von Demokratie bedeutet eine Gefährdung der Öffentlichkeit durch Beeinflussung der politischen Kommunikation auch eine Gefährdung der Demokratie. Darüber hinaus legt das bereits erwähnte Urteil des Bundesverfassungsgerichts nahe, dass eine Störung der öffentlichen Meinungsbildung es nicht mehr erlaubt, Wahlen als repräsentativ für den Willen des Volkes anzuerkennen. Kann die öffentliche Meinung also nicht ‚ungehindert‘ gebildet werden, stellt dies ein wesentliches Element von Demokratie in Zweifel, nämlich die Garantie der Volkssouveränität.

Grundsätze von Presseorganen

In den Statuten vieler Medienorgane, z.B. der Zeitungen, finden sich folgerichtig Grundsatzerklärungen im Sinne solch ‚garantierter‘ demokratischer Meinungsbildung. Im Redaktionsstatut der »Süddeutschen Zeitung« heißt es bereits in der ersten Ziffer, die »SZ« bemühe sich „um unverfälschte und möglichst vollständige Informationen über alle Ereignisse von öffentlichem Interesse.“[19] »Die Zeit« sieht sich in der Tradition der früheren Chefredakteurin und Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff und identifiziert sich an erster Stelle, im redaktionellen Profil, mit dem Ziel, „[…] dem Leser Material [zu] bieten, damit er sich selber eine Meinung bilden kann, [er soll] nicht indoktriniert [werden]“.[20] Das ehemalige langjährige Leitmedium »Spiegel« verweist auf eine Anfrage auf den Pressekodex, der in 16 Ziffern publizistische Grundsätze definiert. Dort heißt es bereits in der ersten Ziffer: „Achtung vor der Wahrheit […] und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“[21]

Trotz dieser Hervorhebung der objektiven Berichterstattung als Ziel in redaktionellen Leitbildern oder Ethik-Kodizes, konnte in einer Befragung jedoch festgestellt werden, dass diese Kriterien zwar formal in beinahe jeder Redaktion existieren, jedoch selten Eingang in die tägliche Arbeitsphase finden.[22]

Staatliche Schutzmaßnahmen

Objektive Berichterstattung als Verkaufsargument von Prestigemedien besitzt laut Weischenberg ihren Ursprung in den 1920er Jahren. Das Objektivitätspostulat habe dort seine Geburtsstunde als Teil einer ökonomischen Strategie erfahren.[23] Das neue Qualitätsmerkmal sollte dazu dienen, sich von anderen Zeitungen abzugrenzen – eben durch das Unterscheidungsmerkmal der objektiven Berichterstattung. Die Einführung des Objektivitätspostulates führte zur Professionalisierung der Nachrichtenagenturen und erlaubte ihnen gleichzeitig, sich als neutrale Instanzen gegenüber der Gesellschaft und Umwelt zu präsentieren, was ihnen nach Grittmann auch einen strategischen Vorteil einbrachte.[24] Ulrich Saxer setzt die Entstehung des Objektivitätspostulats schon früher an, etwa analog zur Entstehung der wissenschaftlichen Objektivität im späten 19 Jahrhundert. Er beschreibt es als „vermeintliche[n] Garant[en] der Wahrheit“[25] und versteht darunter „die Verpflichtung […] zu einer möglichst unverzerrten und daher annehmbaren publizistischen Beschreibung der Wirklichkeit.“[26]

In der historischen Perspektive wird deutlich, dass „die Norm der objektiven Berichterstattung […] an gewisse ‚soziale Bedingungen und Voraussetzungen‘ gebunden ist.“[27] Nicht nur im Nationalsozialismus stellten sowohl Tatsachenzensur als auch Meinungszensur Einschränkungen der Möglichkeit von Objektivität dar. Eine freie öffentliche Meinungsbildung setzt voraus, dass unterschiedliche Perspektiven im Medienangebot widergespiegelt werden und die Medien ihre Kontrollfunktion frei von staatlicher Einflussnahme ausführen können. Aus diesem Grund fordert das Bundesverfassungsgericht eine unabhängige Medienordnung, gemäß der Artikel 5 (1) und (2) des Grundgesetzes: (1) „Jeder hat das Recht seine Meinung […] frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung […] werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Eine der wenigen Vorgaben, denen die Presse rechtlich unterliegt, ist die Pflicht, in einem Impressum den „verantwortlichen Redakteur auszuweisen.“[28] Bentele bestätigt nach historischer Betrachtung, dass konkrete Verpflichtungen, wie eine Quellenangabe oder die namentliche Kennzeichnung von Artikeln, die Möglichkeiten realitätsadäquater Berichterstattung vergrößern.[29] Diese erleichtern z.B. im Falle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen die Forderung einer Gegendarstellung. Umgekehrt ist die Presse auch mit Rechten ausgestattet, etwa Auskünfte von Behörden verlangen zu können, wenn sie diese brauchen, „um ihr Publikum sachgerecht zu informieren.“[30]

Die Kontrollfunktion, die häufig als vierte Gewalt ausgezeichnet wird, ermöglicht die Überwachung der Gesellschaftsnormen und erlaubt, deren Verletzung anzuprangern, auch wenn dies das Privatleben einer Person des öffentlichen Lebens betrifft (z.B. Politiker oder Prominente). Nicht erlaubt ist allerdings die Verbreitung von unwahren Behauptungen.[31]

Für die Feststellung und Kontrolle ethischer Grundregeln für die journalistische Arbeit wurde der Pressekodex vom Deutschen Presserat 1973 ins Leben gerufen. Die „Achtung vor der Wahrheit“ steht an erster Stelle und findet sich auch innerhalb der meisten Pressegesetze der Bundesländer als „Sorgfaltspflicht“ wieder.[32] Auch die Gefahr, dass Medienrealität durch private oder geschäftliche Interessen Dritter verfälscht werden könnte, wird durch die Bestimmungen Ziffer 6 (Trennung von Tätigkeiten) und 7 (Trennung von Werbung und Redaktion) normativ geregelt. Bei Verstößen drohen öffentliche Rügen, die in den entsprechenden Printmedien abgedruckt werden müssen. Allerdings stellt der Pressekodex kein Gesetz, sondern eine freiwillige Selbstverpflichtung dar, weshalb nicht alle Medien solche Sanktionen umsetzen.[33]

Trennung von Text und Kommentar

Lange existierten in der Presse die zwei journalistischen Textsorten Fakteninformation und Kommentar nebeneinander in unterschiedlichen Typen von Presseerzeugnissen. Die Kombination beider Textsorten Nachricht und Kommentar in ein und derselben Zeitung konnte in Deutschland erst spät Fuß fassen.[34] Nachdem deren Trennung nach dem Zweiten Weltkrieg in angelsächsischer Tradition als verpflichtende Norm eingeführt worden war, wurde sie in den 60er Jahren durch die Bewegungen der Studentenrevolte selbst als Ideologie und Verzerrung begriffen.[35] Die politische Wirkung, so wurde argumentiert, liege weniger in den offen eingestandenen politischen Richtungsbekundungen als in den verdeckten.

Die weitreichende Kommentierung politischer Ereignisse wurde Anfang der achtziger Jahre hingegen von konservativer Seite als entscheidender Faktor für den Glaubwürdigkeitsverlust gesellschaftlicher Institutionen betrachtet.[36] In diesem Zusammenhang kam es zur Wiederbelebung der Forderung nach objektiver Berichterstattung als Darstellung von Fakten. Meinungsenthaltsamkeit wurde darüber hinaus als positive journalistische Tugend gefordert.[37]

Zwar kann mit Weischenberg nach wie vor auf die Aussage von C.P. Scott als wichtiges journalistisches Postulat hingewiesen werden: „comment is free, facts are sacred“.[38] Nachricht und Kommentar werden im Journalismus westlichen Typus auch heute noch zumindest analytisch streng getrennt. Allerdings, so Weischenberg weiter, seien heutzutage Artikel eher durch den Versuch der Ausgewogenheit gekennzeichnet: die Autoren stellen verschiedene Positionen dar, ohne selbst Stellung zu beziehen.[39]

Zu beachten sind zudem zwei Arten der Vermischung von Nachricht und Kommentar: die explizite und implizite Vermischung. Als „explizite Vermischung“ versteht Schönbach „eindeutig[e] journalistische Bewertung, Kommentierung“[40] in formalen Nachrichten. „Implizite Vermischung“ bedeutet einseitige Nachrichtenauswahl (vgl. Ausgewogenheit), Platzierung oder Hervorhebung.[41] Die implizite Vermischung könne, im Gegensatz zur expliziten, die leicht enttarnt werden kann, ihre Wirkung latent entfalten, was bedeutet, dass der Leser sie nicht unmittelbar bemerke.

Objektivitätskriterien

Ulrich Saxer präsentiert zwei Möglichkeiten objektiver Berichterstattung: eine Kombination aus reduktiver Objektivität, der „umfassend unbestechlichen Augenzeugenschaft“, und additiver Objektivität, „fairer Sprachvertretung“[42] aller relevanten Meinungen zum Konfliktthema.

Um Missverständnisse zu vermeiden, scheint es unumgänglich, zu betonen, dass publizistische Objektivität nach Saxer nicht mit absoluter Wahrheit gleichgesetzt werden kann, sondern die Praktiken nur „Annährungswerte an die erstrebte Wirklichkeitstreue der publizistischen Aussage“[43] erbringen.

Bei der reduktiven Wirklichkeitsabbildung stellt Faktizität das Basiselement dar und meint die Wiedergabe der nachprüfbaren Fakten und des nicht weiter eingeordneten Tatbestandes.[44] Durch die reduktive Berichterstattung soll einerseits die Subjektivität der Autoren eingegrenzt werden, da sie nur die Beschreibung des intersubjektiv Beobachtbaren erlaubt. Andererseits wird „die Welt“ nicht aus eigener Sicht wiedergegeben, sondern „als Zitat“[45], was Journalisten nur auf geprüfte und zitierbare Quellen zurückgreifen lässt und darüber hinaus zu einer gründlicheren Recherche anspornt.

Der Vorteil, die Richtigkeit der Tatbestandswiedergabe, liegt auf der Hand. Allerdings besteht auch die Gefahr der Oberflächlichkeit bloßer Tatsacheninformationen.[46] Diese Kritik gründet in dem Präsentationsprinzip der reduktiven Objektivität: der Trennung von Nachricht (‚facts‘) und Kommentar (‚comment‘).[47] Motive und Ursachen von Handlungen und Ereignissen sind Elemente des ‚comments‘ und werden deswegen bei faktenorientierter Berichterstattung nach Möglichkeit ausgeschlossen. Bentele erklärt die Ablehnung mit dem Argument, objektive Publizistik verstärke bestehende Machtverhältnisse und favorisiere die Standpunkte der offiziellen Institutionen.[48] So wurde häufig der Vorwurf vorgebracht, unkommentierte Berichterstattung ließe sich mit Zustimmung gleichsetzen. Diese Annahme ist laut Saxer schlicht falsch. Publizistische Objektivität habe einen normativen Gehalt (die Kontrollfunktion), welcher an sich bereits mit einem kritischen Element ausstattet sei, das journalistische Ausschmückungen überflüssig mache. Alles, was objektiv dargestellt werde und nicht die Standards der bestehenden Ordnung erfülle, werde auch ohne journalistische Ausschmückung als Normverletzung erkannt. Dieses kritische Potential des Objektivitätspostulates unterscheide sich von den politischen Publikationen der PR-Agenturen, die Missstände bewusst zu verschweigen versuchen.

Sachlichkeit und pluralistische Meinungsrepräsentation bilden die Kriterien der additiven Objektivität. Ihr Ziel ist die Überwindung der unvermeidlichen (Einzel-) Perspektiven (der Subjektivität des Einzelnen) durch die Addition aller relevanten Diskussionspositionen eines Konfliktthemas.[49] Durch diese Addition der Standpunkte komme es zu einem überindividuellen Gesamtbild der Realität.

Die Forderung nach Ausgewogenheit betrifft den gesamten publizistischen Prozess: gemeint ist sowohl die ausgewogene Quellendarstellung (Vollständigkeit und Unparteilichkeit) als auch die vergleichbare Platzierung der Inhalte.[50] Eine ausgewogene Quellendarstellung allein reicht nicht aus, wenn für Position A ein Leitartikel auf der ersten Seite gewählt wird und die oppositionelle Darstellung B optisch unauffällig am Ende der Zeitung erscheint. Ergänzend gilt auch, dass die Informationen zugänglich für die Rezipienten sein müssen, was beinhaltet, dass der Artikel nicht gespickt sein darf mit Fachtermini, sondern der gesamten Bevölkerung von Nutzen (Verständlichkeit). Komplementär zum Präsentationsprinzip muss die Trennung von Nachrichten und Kommentar eingehalten werden.

Je tiefer eine Publikation ein Thema durchdringt, desto weiter entfernt sie sich gewöhnlich vom Reduktionsmodus bloßer Faktizität. Die Objektivitätsgarantie muss dann durch die Ergänzung der additiven Komponenten geleistet werden. Allerdings neigt die additive Objektivität zu engagierenden Elementen, welche ebenfalls als unvereinbar mit objektiver Berichterstattung gelten. Zwar kann man versuchen, durch ausgewogene Meinungsdarstellung Objektivität zu erreichen, es besteht dennoch stets die Gefahr voreingenommener Selektion.[51] Deswegen verlangt publizistische Objektivität auch reduktive Bemühungen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass publizistische Objektivität nach Saxer sowohl reduktiv (vereinfachend) als auch additiv (hinzufügend) ist.

Im Zusammenhang mit der Objektivitätsdebatte stellt Saxer heraus, dass die notwendige „Reduktionsleistung stets Strukturierungsleistungen impliziert“.[52] Das bedeutet, dass objektive Publizistik „nie rein und nur reproduktiv“[53] sein kann. Publizistische Objektivität ist also unweigerlich auch stets „Manipulation (im wertneutralen Sinn) notwendiger Umsetzungsakte von Welt in Aussagen.“[54]

Zwischenbilanz

Nach der Darstellung der Systemrelevanz objektiver Berichterstattung wurde die Problematik des Begriffs ‚Objektivität‘ diskutiert. Es gibt sowohl verschiedene Positionierungen innerhalb der Journalistik, die verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten sehen und damit auch verschiedene Ansprüche an eine objektive Berichterstattung legen, als auch verschiedene Modelle zur Messung. Es wurde dargelegt, dass es zwei Arten zur Umsetzung von Objektivität gibt, die reduktive und die additive, die allerdings in der Praxis selten in strikter Trennung aufgefunden werden können.

Aus ihnen ergeben sich verschiedene Merkmale als Teilaspekte von Objektivität. Andere Autoren haben andere Kriterien zur Messung derselben gefunden, jedoch gibt es einige Merkmale, die – sozusagen als kleinster Nenner – immer wieder aufgegriffen werden. Das sind beispielsweise Richtigkeit (auch: Wahrheit oder Faktenorientierung) und Ausgewogenheit (auch: Verständlichkeit und neutrale Präsentation). Schwierigkeiten bei der Trennung von Nachricht (Fakt) und Meinung (subjektive Interpretation) stellen die Möglichkeit reiner faktenorientierter Berichterstattung in Frage und zeigen, dass implizite Vermischungen subversiv manipulativ wirken können.

In den folgenden zwei Hauptkapiteln sollen nun die theoretischen Herausforderungen des Objektivitätspostulates vorgestellt werden, zuerst der Ansatz Stuart Halls, dann der von Lakoff und Johnson. Sie beschäftigen sich unabhängig voneinander und mit verschiedenen Schwerpunkten mit der Problematik einer medialen Realitätskonstruktion und kommen zu dem Schluss, dass die bislang genannten Kriterien keine Garantie für eine objektive Berichterstattung abgeben, weil die Probleme viel tiefergehender wurzeln.

Mediale Realitätskonstruktion nach Stuart Hall

Hall beschäftigt sich mit Nachrichten über „Ereignisse von politischer, ökonomischer oder sozialer Bedeutung“[55]. Daneben existieren Nachrichten über Lebensstile, Denken oder Handeln in verschiedenen Teilen der Gesellschaft. Beide Arten seien jedoch nicht nur Informationen, sondern ‚Bilder‘ und ‚Abbildungen‘ der Welt, die „praktisches soziales Wissen“[56] vermitteln.

Betrachtet man Nachrichten hauptsächlich als Informationen über Menschen für andere Menschen, müsse doch festgestellt werden, dass die Beschaffung dieser Nachrichten nicht durch einen neutralen Kanal geschehe, in dem die Informationen „von den Leuten wieder zu ihnen zurückfließen.“[57]

Journalisten sind diejenigen, die diesen Kommunikationsprozess erst in Gang setzen und ihn dadurch bereits stark prägen. Sie „verwalten und monopolisieren nicht nur die Mittel (technische, soziale, finanzielle), um Informationen zu finden und zu übermitteln. Sie müssen immer auch selektieren.“[58] So wählen sie aus, welche Ereignisse, welche Aspekte der Ereignisse und in welcher Reihenfolge diese präsentiert werden und bestimmen Länge, Art und Format des Berichts.

So könne das Problem nicht nur in den redaktionellen Grenzen gesucht werden. „Dieser Prozess der »Initiierung« von Kommunikation (…) beinhaltet weitreichende editorische Eingriffe, viele Verfahren des Formens und der Auswahl, welche nicht nur auf den vorhandenen, zur Verfügung stehenden technischen Mitteln basieren, sondern auf Urteilen – z.B. auf Vorstellungen davon, was ‚bedeutend‘, ‚wichtig‘ und ‚dramatisch‘ ist, was einen ‚Nachrichtenwert hat und was nicht‘“.[59]

Nach Hall geht es bei Nachrichten im wörtlichen Sinne darum, Neues zu berichten, also „wie sich die Dinge geändert haben“[60]. Darüber definiert er den Nachrichtenwert[61] von Ereignissen: Die größten und dramatischsten Veränderungen haben den höchsten Anspruch auf Berichterstattung. Neben Katastrophen, bewaffneten Konflikten und ähnlich bedeutenden Ereignissen sind vor allem politische Veränderungen für das Publikum relevant. Das erklärt sich dadurch, dass Meinungen und Entscheidungen von mächtigen und einflussreichen Menschen per Definition große Teile der Bevölkerung betreffen. Deswegen seien Medien „fasziniert von Macht“[62]. Zudem stellt Hall fest, dass Nachrichten „ethnozentrisch“[63] seien, sich also primär auf die eigene Nation und diese betreffende Veränderungen konzentrieren.

Von Selektion und Form der Darstellung abgesehen, stößt auch die Umsetzung des Kriteriums Vollständigkeit auf zwei Probleme. Einerseits ist es unmöglich, die Wirklichkeit eines Ereignisses als Ganzes einzufangen. Die Unendlichkeit des Detailreichtums der Welt erfordert immer auch einen Selektionsprozess. Andererseits ist vieles, was von großer Bedeutung ist, um die Situation zu verstehen, gar nicht in der Situation selbst (dem Fakt) zu finden. So muss man beispielsweise, um eine Konfliktsituation zu verstehen, auch um die Ursachen, den bisherigen Konfliktverlauf, die verschiedenen Fraktionen, ihre Gründe und Ziele oder um Verknüpfungen zum Weltgeschehen und weitere Auswirkungen auf dieses wissen. Aufgrund der eingeschränkten Länge von Berichten und weil eine gewisse Interpretation der vorhergehenden Ereignisse sich zu einem bestimmten Zeitpunkt der längerfristigen Berichterstattung über ein Thema festgesetzt hat, werden solche Informationen oftmals ausgelassen. Andererseits herrscht über manche dieser Punkte kein allgemeiner Konsens, so dass sich die repräsentierten Realitäten in verschiedenen Berichten stark unterscheiden können.[64]

Nachrichten können folglich nie umfassend genau sein, „nicht weil Journalistinnen und Journalisten »voreingenommen« sind, sondern weil es objektiv unmöglich ist. Sie übersetzen komplexe historische Ereignisse in »Handlungsszenarien«. Sie müssen unter Verwendung einer substituiert Erklärungslogik ein Ereignis mit dem anderen verbinden.“[65]

Deutungsrahmen

Die Produktion solcher Repräsentationen der Wirklichkeit ist nach Hall ein Produzieren von Bedeutungen. „Dies ist eine soziale, keine natürliche Praxis, die Praxis der Bedeutungsproduktion.“[66] Damit meint er, dass Bedeutungen nicht von sich aus in der Welt sind und Ereignissen dadurch verschiedene Bedeutungen beigelegt werden können. „Sehr wenige »Tatsachen« (…) erreichen uns jemals in Form von ‚reiner Information‘. Wir würden nichts mit ihnen anzufangen wissen, wenn das der Fall wäre. Ihnen wird ständig Sinn gegeben durch die Einbettung in einen sinnvollen, erklärenden Kontext.“[67] Berichterstattung sei also angewiesen auf einen Interpretationsrahmen, ohne den die Nachrichten für die Zuschauer nichts bedeuten würden. Hall kommt daher zu der Feststellung: „Nachrichten zu produzieren bedeutet, die Realität zu interpretieren.“ [68]

Er stellt heraus, dass die notwendige Interpretation der Welt durch die Journalisten, anhand derer sie für das Publikum die Realität definieren, etwas anderes sei, als bewusste Voreingenommenheit. Die verwendeten Interpretationsschemata seien jedoch „um so mächtiger“,[69] je unbewusster sie ablaufen, bis hin zum Status von unhinterfragten Selbstverständlichkeiten.

Zusammenfassend bezeichnet er den Prozess der Nachrichtenproduktion als „Kodierungsprozess: Nachrichten sind nicht ‚Realität‘, sondern Repräsentanten von Realität, kodiert in Botschaften und Bedeutungen.“[70] Dem gegenüber steht der Prozess des Dekodierens auf Seiten des Publikums. Auch dies sei eine soziale Praxis und abhängig vom jeweiligen Interpretationsrahmen, den der Zuschauer teile.

Sender und Empfänger müssen dabei nicht nur „das gleiche perzeptorische System teilen“[71] und die gleiche Sprache sprechen, sondern auch „bis zu einem gewissen Grad den Interpretationsrahmen oder die Kodes (…), sowie eine ganze Menge von verfügbarem allgemeinen sozialen Wissen teilen.“[72] Ohne eine derart geteilte Grundlage wäre der Empfänger nicht in der Lage, die Berichterstattung zu verstehen. Bedeutung ist Hall zufolge also „abhängig von gemeinsamen Systemen, gemeinsamen Kodes, gemeinsamen Wissen und einem gemeinsamen Interpretationsrahmen zwischen Kommunikator und Empfänger.“[73]

Konsens

Für Situationen, in denen eine solche gemeinsame Perspektive zwischen Sender und Empfänger besteht, führt Hall „den Begriff des Konsenses als deskriptiven Terminus“[74] ein. Damit sei jedoch nicht gemeint, dass der Empfänger dem Gesagten auch zustimme. Hall bezieht sich hier auf „den Unterschied zwischen dem Verstehen der wörtlichen Bedeutung von Worten und Bildern (der denotativen Bedeutung) und entweder dem Verstehen, oder, wichtiger noch, dem Übereinstimmen mit der interpretierten Bedeutung (der konnotativen Bedeutung).“[75] Es sei nicht immer einfach, eine Trennlinie dazwischen zu ziehen, jedoch könne es „einen »Konsens« über die wörtliche Bedeutung geben, während gleichzeitig eine Divergenz oder ein Konflikt über die Interpretation besteht.“[76]

Bezüglich der Frage nach publizistischer Objektivität kann geschlussfolgert werden, dass sie nur möglich sei, wenn es „einen generellen Konsens über eine Angelegenheit oder ein Ereignis“[77] gebe, das heißt, wenn Journalisten und der größte Teil der Bevölkerung diese Sache in der gleichen Weise deuten. Bei wichtigen Fragen, welche die Nation spalten, sei dies hingegen unmöglich.

Es kann zusammengefasst werden, dass Objektivität für Hall „ein anderer (höflicherer oder zweckmäßigerer) Name für Konsens [ist].“[78] Das hat zur Konsequenz, dass Journalisten sich, um Objektivität bemühend, am Konsens orientieren. Hat sich noch kein Konsens gebildet, sind sie diejenigen, die ihn produzieren müssen. Da er sich ständig verschiebt, ist dies eine schwierige Aufgabe, „abzuschätzen und zu beurteilen, wohin sich die »Meinungsbalance« bewegt – oder in welchem zulässigen Rahmen.“[79]

Deutungsmacht durch den Objektivitätsanspruch

Existiert noch kein Konsens in einem Streitpunkt, kommt es zu einer Auseinandersetzung um die „Definition der Situation“[80] durch verschiedene Parteien. Dieser Zeitpunkt ist von besonderer Bedeutung, da die Definition, die sich gegen Alternativen durchsetzen kann, zum Konsens wird und dadurch Einfluss auf das Verhalten der Menschen und die sozialen Kräfteverhältnisse hat. An dieser Stelle wäre publizistische Objektivität besonders wichtig, da sich in einer Demokratie Konsens aus dem Disput bilden sollte. Setzen Journalisten stattdessen eine angebotene Definition als ‚bestehenden Konsens‘ voraus, tragen sie dazu bei, sie dazu zu machen (‚self-fulfilling prophecy‘).[81]

Nachrichten stellen also auch Zustimmung her und können Definitionen zu Selbstverständlichkeiten werden lassen. Im Zusammenhang mit objektiver Berichterstattung ist die Frage entscheidend, woher dieser Konsens stammt, wenn er nicht in Voreingenommenheit gründet.

Hall sieht den medial vermittelten, öffentlichen Diskurs „stark nach dem Modell des ‚Zweiparteien-Systems‘ strukturiert.“[82] Es gebe zwei Meinungen, die miteinander in Konflikt stehen und die Berichterstatter positionieren sich moderierend in der Mitte. Dies soll ‚Ausgewogenheit‘ und ‚Unparteilichkeit‘ sichern. Zudem kommen die Definitionen und Ansichten bezüglich eines Konflikts in der Regel nicht von den Journalisten selbst, sondern, im reduktiven Sinne, von außerhalb der Medien.

Dabei werden typischerweise Vertreter der großen Parteien, insbesondere der Regierungs- und der größten Oppositionspartei befragt. Dies soll wiederum die Objektivität und Unparteilichkeit wahren. „Gleichzeitig bedeutet es, dass die etablierten Stimmen der mächtigen korporativen Gruppen gewöhnlich, rechtmäßig, die erste Möglichkeit haben werden, und zwar ausführlich, eine Konfliktsituation zu definieren. [Sie] erhalten die primäre Definitionsmacht […].“[83]

Dies heißt auch, dass entschieden wird, was relevant ist und was nicht, und mit welchen Begriffen überhaupt die Diskussion geführt wird. Andere, die etwas weiter vom Machtzentrum entfernt sind, werden es Hall zufolge schwer haben, diesen Definitionen und Begriffen „ein alternatives Erklärungssystem“[84] entgegenzusetzen: „Die primäre Definition eines Themas gewinnt enorme Glaubwürdigkeit und Autorität und ist nur schwer zu verschieben.“[85] Sie müssen sich daher in dem durch diese Definitionen und Begriffe gegebenen „Bezugsrahmen“[86] bewegen.

Am ehesten noch findet eine Verschiebung statt, wenn sich, aufgrund veränderter Bedingungen, in der Elite selbst der Bezugsrahmen ändert. Der Konsens, an dem sich Journalisten orientieren, entstammt also nicht der Pluralität der Gesellschaft, sondern dem Kreis der Herrschenden. Dadurch wird „[d]ie Bandbreite der zulässigen Definitionen systematisch [begrenzt]“.[87]

Per Definition sind die Mächtigen und Einflussreichen diejenigen, deren Handlungen und Meinungen die größten Auswirkungen auf die Bevölkerung haben, weshalb ihnen ein hoher Nachrichtenwert zukommt und die Berichterstattung sie nicht ignorieren kann. Um nicht beeinflussend einzugreifen, müssen die Medien „anerkannte Externe zitieren“ und „sich in der Tat auf diese verlassen, um die Diskussionsbedingungen festzulegen.“[88]

Gleichzeitig haben die großen Parteien, zwischen denen sich »ausgewogene« Berichterstattung bewegt, eine große Menge an gemeinsamen Überzeugungen, die auf diese Weise in der Regel unangetastet bleiben und sich verhärten. Meinungen, die weit von diesen Diskussionsgrundlagen abweichen und die Bandbreite der zulässigen Definitionen und Begriffe überschreiten, können daher auch nicht einfach ohne Weiteres im Fokus der Berichterstattung stehen, da man sich sonst den Vorwurf einhandeln würde, „extremistischen Ansichten oder Minderheitsmeinungen Glaubwürdigkeit zu verleihen.“[89]

Es ist schwierig zu bestimmen, aufgrund welcher Kriterien eine objektive, ausgewogene und unparteiliche Berichterstattung diesen Meinungen Gewicht verschaffen könnte. Hall sieht „[d]ie Bandbreite, innerhalb derer sich die Diskussion bewegen kann, bevor sie hart an die Grenzen stößt, durch die außerhalb des Konsens liegende Ansichten als »extremistisch«, »unverantwortlich«, »partikularistisch« oder »irrational« definiert werden, [als] äußerst schmal […]“.[90]

Konsequenzen für die objektive Berichterstattung

Die Ergebnisse der Analyse nach Hall stellen die Umsetzungsmöglichkeiten publizistischer Objektivität nach dem additiven und reduktiven Prinzip grundsätzlich in Frage. Die definierten Objektivitätskriterien wirken nur innerhalb des Konsenses und unterliegen so dennoch der unumgänglichen Subjektivität des Journalisten. Ergeben Fakten nur innerhalb von bestimmten Deutungsrahmen Sinn, wird einer faktenorientierten Berichterstattung das Fundament abgesprochen, insbesondere wenn Uneinigkeit über die Deutung besteht. Der Deutungsrahmen stellt eine Realitätskonstruktion von Journalisten nach ihren unbewussten Interpretationsschemata dar.

Die Nachricht wird also nicht durch ihre bewusste Voreingenommenheit verzerrt, sondern unter anderem durch ihr Bemühen selbst, dem Objektivitätsanspruch gerecht zu werden. Um ihre persönlichen Interessen möglichst weit auszuschließen, orientieren sie sich am gesellschaftlichen Konsens, als sei er das Zentrum der Objektivität. Dieser Konsens stellt jedoch keine adäquate Abbildung der Realität dar, sondern wurde und wird durch die Medien mitkonstruiert. Im Bemühen um Unparteilichkeit und Ausgewogenheit konzentrieren sie sich auf die Eliten aus Wirtschaft und Politik, da sie den größten Nachrichtenwert haben, und vermitteln nur zwischen deren Standpunkten. Da der elitäre Kreis sich in den wesentlichen Themen einig ist, beherrschen ihre Definitionen die Berichterstattung, weswegen sie letztlich tatsächlich zum Konsens der Gesellschaft werden.

Es gestaltet sich schwierig, den Einbezug außenstehender Meinungen in die Berichterstattung objektiv zu rechtfertigen. Möchte man dennoch der Forderung nach Objektivität nachkommen, muss man Ausgewogenheit künstlich innerhalb des Konsenses konstruieren. „‚Konsens‘ (…) bildet den gemeinsamen Boden – die zugrunde liegenden Werte und Prämissen –, auf dem die beiden Positionen sich bewegen, die im Detail scharf divergieren können. (…) ‚Ausgewogenheit‘ wird daher durch Konsens eingerahmt.“[91] Die Grenzen sind also nicht zufällig strukturiert, sondern systematisch.

Hall bestreitet, dass Medien voreingenommen seien, insofern sie weder für Partei A oder Partei B werben beziehungsweise nicht unmittelbar für sie arbeiten. „Sie sind aber ‚eingenommen‘ für das System und für die „Definitionen der politischen Realität“, die das System definiert.“[92]

Publizistische Objektivität kann also durch Kriterien wie Richtigkeit, Ausgewogenheit, Vollständigkeit und Unparteilichkeit nicht gewährleistet werden. Hall betrachtet sie als eine Fiktion von Objektivität, die ihrer Umsetzung selbst im Wege steht. Sie entfaltet sich innerhalb des Konsenses, statt ihn selbst kritisch in Frage zu stellen. Somit bleibt das Hauptproblem unangetastet.

Hall stellt dem sein Konzept des strukturierten kommunikativen Prozesses entgegen: Die Kommunikation zwischen verschiedenen Journalisten und Publikum finde in gewissen Strukturen statt, von denen sie „stark beeinflusst, geformt und bestimmt wird.“[93] Zudem sei sie „nicht eine Sache (‚frei‘ oder ‚voreingenommen‘), sondern ein Prozess“[94]. Dieser finde über einen Zeitraum hinweg statt und habe aufgrund der verschiedenen Strukturen, Beziehungen und Praxen der involvierten Gruppen, in denen er stattfindet, vorhersehbare, also nicht zufällige Resultate.

Verstehe man die „Strukturen, die Beziehungen, die Praxen, die Ideen oder Ideologien, die sie beeinflussen, die Bedingungen unter denen sie funktionieren, die anderen Teile der Gesellschaft zu denen sie in Beziehung stehen“[95], so könne man diesen Prozess und seine Muster besser verstehen. Dadurch wird zwar nicht das Prinzip der Objektivität gerettet. Einsicht in diesen Prozess kann jedoch sowohl den Empfängern als auch den Produzenten von Nachrichten helfen, den Gefahren eines naiven Objektivitätsverständnisses nicht zu erliegen.

George Lakoff: Realitätskonstruktion durch Metaphern und Frames

Als sprachanalytische Ergänzung des strukturierten kommunikativen Prozesses nach Hall kann die kognitive Metapherntheorie[96] von George Lakoff (und seinen Mitautor_innen Mark Johnson und Elisabeth Wehling) herangezogen werden.

Als OSZE-Beauftragter für die Freiheit der Medien beobachtet Georg Lakoff seit vielen Jahren Gefährdungen der freien Berichterstattung. Lakoff schreibt Metaphern und Frames dabei eine zentrale Bedeutung in der politischen Kommunikation zu. Metaphern, so die These, können unbemerkt „politische Wahrheiten schaffen und darüber bestimmen, wie wir […] politisch handeln.“[97] Das kann ungehindert geschehen, da an althergebrachten Annahmen über den Denkprozess festgehalten wird, statt sich mit dem neusten Erkenntnissen aus den Kognitiven Wissenschaften auseinander zu setzen.

Grundlage der demokratischen Ordnung sei die Vorstellung von einem vernünftigen, rationalen Wähler. Diese Idee des Rationalismus entstammt, wie viele andere Ideale in westlichen Demokratien, der Aufklärung. Vereinfacht formuliert ist die zentrale Annahme, dass jeder Mensch gleichermaßen rational sei und sich deswegen auch selbst regieren könne (vgl. Autonomie als Selbstgesetzgebung z.B. bei Kant). Die Vernunft, als Teil des menschlichen Wesens, unterscheidet Menschen von Tieren und macht sie zu „rationale[n] Lebewesen“.[98] Lakoff bezeichnet diese Vorstellung als „Mythos“.[99]

Er hebt drei Annahmen über den menschlichen Verstand hervor, die implizit im Rationalismus enthalten sind und denen er vehement widerspricht: Denken sei buchstäblich, Denken sei universell und Denken geschehe bewusst. Die Argumentation Lakoffs soll nach diesen (Fehl-)Annahmen gegliedert dargestellt werden. Darauf folgend wird der Einfluss von Metaphern auf politische Grundüberzeugungen skizziert, die Gefährdungen eines metaphorischen Sprachgebrauchs und die Konsequenzen für die politische Kommunikation. Mit diesem theoretischen Hintergrundwissen kann abschließend die Frage diskusstiert werden, ob Fakten in Anbetracht der Erkenntnisse noch einen zentralen Bestandteil der objektiven Berichterstattung ausmachen sollten.

Erster Irrtum (nach Lakoff): Denken ist buchstäblich

Metaphern sind mehr als ein rhetorisches sprachliches Mittel, sie strukturieren unsere Wahrnehmung. „Wir denken, sprechen und handeln in Metaphern.“[100] Das lässt sich dadurch erklären, dass wir sie im Laufe unseres Lebens unbewusst und automatisch erlernen. Dadurch werden neue Sachverhalte und abstrakte Ideen zugänglich gemacht.

Durch Erfahrungen verändert sich die physische Beschaffenheit des Gehirns bereits während der ersten fünf Jahre nachhaltig. Indem bestimmte neuronale Verbindungen gestärkt werden und andere verschwinden, formt sich das Denkvermögen.[101] Dabei gilt: Je häufiger eine Synapse benutzt wird, desto schneller werden diese Neuronen in Zukunft aktiviert. So ist „[z]unächst einmal alles Denken […] physisch“[102], wenn auch noch nicht metaphorisch.

Unterschieden wird zwischen metaphorischen Konzepten und nicht metaphorischen Konzepten, die aus der direkten physischen Erfahrung gewonnen werden. Beispielsweise enthält die Wahrnehmung des steigenden Wasserspiegels keine Metapher, sondern entspricht der Beobachtung: je mehr Wasser ins Glas läuft, desto höher steigt der Wasserspiegel. Obwohl Vertikalität im Bereich Orientierung und Quantität bei Zahlen und Mengen im Gehirn lokalisiert sind, entsteht durch die gleichzeitige Aktivierung beider Bereiche eine neuronale Verbindung, die das erlernte Konzept von einer Wechselbeziehung zwischen Höhe und Menge speichert. Die Metapher »mehr ist oben« und »weniger ist unten« entstammt also unseren tatsächlichen physischen Erfahrungen und wird im Laufe des Lebens unzählige Male gemacht (z.B. »je höher der Stapel ist, desto mehr Bücher liegen auf dem Tisch«) und dadurch gefestigt.[103]

Metaphorisch wird das Denken, sobald es um abstrakte Begriffe geht, die nicht universell aus der direkten körperlichen Erfahrung erschlossen werden können. Dabei bietet sich der Gebrauch der bildhaften Sprache anstelle einer schwierigen Erläuterung, zur Reduzierung der Komplexität, an. Es liegt im Wesen der Metapher, unbekannte Worte oder Vorgänge durch Merkmale eines anderen Wortes oder Vorganges deutlich zu machen. Durch das »highlighting«, also der Betonung gewünschter Merkmale, werden abstrakte Ideen leichter zugänglich.[104] Einige Charakteristika der einen Sache werden durch die Metapher auf eine andere übertragen, z.B. in dem geläufigen metaphorischen Ausdruck für Preiserhöhungen: »Die Preise steigen«. Im Gegensatz zum Wasserspiegel steigen die Preise aber nicht wirklich, sondern nur auf einer mathematischen Skala (sie werden mehr). Da das Gehirn jedoch die Verbindung zwischen Vertikalität und Quantität trainierte (»mehr ist oben«), erscheint es logisch und nicht metaphorisch, zu schreiben, dass die Preise steigen. Darin sieht Lakoff eine Bestätigung für die Fehlannahme, Worte könnten die Welt objektiv beschreiben. »Die Preise steigen« bezeichnet nicht die Welt, wie sie tatsächlich existiert, sondern als Ergebnis von Erfahrungen, die in der Welt gemacht wurden. Sie verdeutlicht die Weltsicht, aufgrund der physisch verankerten metaphorischen Konzepte. Wäre buchstäbliches Denken möglich, könnte „es Dinge wie Metaphern und andere mentale Strukturen nicht geben.“[105]

Zweiter Irrtum (nach Lakoff): Denken ist universell

„Auf der ganzen Welt und in jeder Kultur findet sich die einfache Metapher mehr ist oben“[106], weil sie aus einer direkten körperlichen Erfahrung gewonnen wurde. Metaphern zu abstrakten Begriffen werden allerdings kulturell gelernt und sind deswegen stark von den Erfahrungen des einzelnen Menschen abhängig. Stammen zwei Menschen aus einem Kulturkreis und kommen aus einem vergleichbaren gesellschaftlichen Stand, werden sie aufgrund ähnlicher Erfahrung eine ähnliche konzeptuelle Struktur haben.

Neben einfachen Beispielen wie »Die Preise steigen« existieren sehr komplexe metaphorische Konzepte, die sich aus verschiedenen Metaphern zusammensetzen oder an unsere kulturellen Erfahrungen anknüpfen beziehungsweise das Verständnis der Metapher bedingen.[107] Ein weiteres Beispiel soll einen solchen Fall veranschaulichen: Die in westlichen Kulturen weit verbreitete Metapher »Zeit ist Geld« prägt unser Weltbild. Außerhalb industrialisierter Regionen ist sie hingegen nicht geläufig, weswegen zwangsläufig nicht verstanden wird, wie man auf dem Nachhauseweg Zeit »sparen« oder aber wie er jemanden Zeit »kosten« könnte. Da die Einwohner westlicher Länder jedoch mit der allgegenwärtigen Metapher »Zeit ist Geld« aufwachsen, wird sie unbewusst zu ihrem eigenen „Verständnis von der Welt“[108] (Common Sense) übernommen, einer Wahrheit, die nicht mehr hinterfragt wird.

Das Entscheidende dabei ist, dass diese Metapher nicht nur als Redewendung zur Veranschaulichung verwendet wird (es wird nicht nur gesagt), sondern es wird auch tatsächlich gedacht,[109] dass das Warten auf den verspäteten Bus »vergeudete« Zeit sei, die man »investieren« wollte oder stattdessen jemand anderem hätte »schenken« können. Das macht sich auch in Handlungsfolgen bemerkbar: Menschen betrachten ökonomisch ungenutzte Stunden als »Verschwendung«, denn sie wurden nicht genutzt, um sie in Geld umzuwandeln, welches eins der erstrebenswertesten Güter der kapitalistischen Gesellschaft ist. Zeit kann allerdings nur von denjenigen Menschen als Geld verstanden werden, die die Möglichkeit haben, sie auch in Geld umzuwandeln, andernfalls ergibt die Metapher keinen Sinn.[110]

Daraus schlussfolgert Lakoff, dass Denken niemals universell geschieht, sondern abhängig ist von unseren persönlichen Erfahrungen. Diese sind für die unterschiedlichen Ausprägungen neuronaler Verbindungen verantwortlich, aufgrund derer die Welt unterschiedlich interpretiert wird.[111] Folglich können verschiedenen Menschen auch verschiedene Metaphern für ein und dieselbe Idee haben.

Dritter Irrtum (nach Lakoff): Denken ist bewusst

Metaphern sind ein so verinnerlichter Bestandteil der Wahrnehmung, dass sie nicht aktiv verwendet werden müssen, aber gleichzeitig auch nicht verhindert werden können.[112] „Der Gebrauch von Metaphern ist unvermeidbar. Wir können uns nicht den physischen Beschaffenheit unseres Gehirns wiedersetzen und sagen: »Ich werde nicht in dieser Metapher denken!« Es passiert automatisch.“[113]

Jedes Wort aktiviert unwillkürlich einen Deutungsrahmen, der der Information, durch seine gespeicherten Konzepte einen Sinn zuordnet. Allerdings beinhaltet er auch eine Reihe gedanklicher Schlussfolgerungen, die unbewusst mitausgelöst werden. Ein Satz wie »Das Kind trinkt ein Glas Wasser«[114] ruft bereits Konzepte hervor, die uns erlauben zu verstehen was, »ein Glas Wasser trinken« bedeutet. Man hat ein Bild von einem Glas als Gefäß und von der Bedeutung von Wasser. Schließlich auch von jemandem, der es heben und trinken kann.[115] Das Wort »Kind« ruft den Frame auf, der unser Wissen über ein Kind strukturiert.[116] Darin befinden sich verschiedene Konzepte wie »Mutter und Vater«, aber auch „prototypische Vorstellungen über genetische, biologische und soziale Beziehungen“[117] innerhalb dieser Gruppe. Diese Schlussfolgerungen enthalten also bereits bestimmte Unterstellungen bzw. Annahmen, die über die reine Bedeutung des Wortes hinausgehen. Dabei ist ausschlaggebend, dass es nicht möglich, ist außerhalb dieses Deutungsrahmens zu denken oder zu sprechen. Lakoff stimmt Hall also dahingehend zu, dass das Wort außerhalb des Deutungsrahmens keinen Sinn ergibt. Lakoff untermauert seine Argumentation mit neueren Studien aus den Kognitions- und Neurowissenschaften, die schätzten, dass 98% dessen, was im Gehirn während des Verstehensprozesses einer Idee abläuft, „reflexiv und unbewusst ist“.[118]

Metaphern und politische Grundüberzeugungen

Metaphern finden aber nicht erst über Kommunikation im Erwachsenenalter Zugang zu unseren politischen Entscheidungen. Die Weichenstellung für moralische Grundüberzeugungen, nach denen die Entscheidungen bezüglich einer moralisch guten und schlechten Politik getroffen werden, findet ebenfalls im Kindesalter durch metaphorische Strukturierung statt. Dabei macht Lakoff zwei konkurrierende Auffassungen von Moral, stellvertretend verankert in zwei Familienmodellen[119], fest. Diese Familienmodelle repräsentieren unsere Weltsicht, die das Verständnis moralisch guter und schlechter Politik beinhaltet.

Dabei soll betont werden, dass es in Lakoffs Sinn keine Moral an sich geben kann (also auch keine falsche Moral), sondern lediglich zwei konkurrierende Metaphern für Moral, die jede für sich in den jeweiligen Köpfen wahr sind.

Die ersten Erfahrungen mit einer Regierung, also mit einem (durch die Eltern) vorgegebenen Verständnis von Richtig und Falsch, werden in den eigenen Familien gemacht. Vereinfacht lassen sich die Erziehungsmodelle in ein konservatives Familienmodell mit einer »Strenger-Vater-Moral« und in ein progressives Familienmodell mit einer »Fürsorgliche-Eltern-Moral« einteilen. Übertragen auf das politische Verständnis bedeutet das: staatliche Strenge[120] und staatliche Fürsorge[121]. Sollten zwei Menschen im entgegengesetzten Familienmodell aufwachsen, können sie das andere dennoch nachvollziehen, da beide in der westlichen Kultur gegenwärtig sind.

In Kombination mit der Metapher »Nation als Familie«, wird die Erfahrung aus den eigenen Familien unterbewusst auf die Nation übertragen. Diese Metapher ist so geläufig, dass kaum jemand zur Kenntnis nimmt, wenn über »Vater Staats« Disziplinierungen und »Muttis«[122] Entscheidungen berichtet wird, man müsse für den »Haushalt sparen«. Klassischerweise gibt es in diesen Bildern auch ein Familienoberhaupt (z.B. die Repräsentanten von Vater Staat) und seine Kinder, die Bevölkerung, die weniger Befehlsgewalt haben. Die »Strenger-Vater-Weltsicht« geht einher mit einer natürlichen »Selektion der Stärksten«,[123] weshalb durch Autorität zu Disziplin erzogen wird. Die »Fürsorgliche-Eltern-Weltsicht« versucht durch Empathie zur Verantwortung zu erziehen. Beide Modelle lassen sich in den Programmen der jeweiligen Parteien wiederfinden. So forcieren Sozialprogramme aus konservativer Sicht das System von Belohnung und Strafe, das sich aus dem freien Wettbewerb ergibt. Das Scheitern innerhalb dieses Systems wird unzureichend entwickelter Selbstdisziplin zugeschrieben, durch Bestrafung soll zu höheren Anstrengungen motiviert werden (»Moral ist Stärke«).[124] Die moralische Stärke der Menschen, die sich innerhalb dessen behaupten können, wird dagegen finanziell belohnt.[125] Hier wurzelt auch der Widerstand der Konservativen gegen hohe Steuern: Sie bestrafen diejenigen, die sich im sozialen Wettbewerb behaupten konnten. Gleichzeitig führen staatlich finanzierte Sozialleistungen dazu, dass die Verlierer des Systems sich in der »sozialen Hängematte« ausruhen, anstatt neue »Leistungsanreize« zu bekommen. Das steht im Wiederspruch zum konservativen Grundsatz[126]: das Wohlergehen aller wird maximiert, wenn jeder sein Eigeninteresse verfolgt (vgl. Adam Smith, die unsichtbare Hand des freien Marktes).[127]

Im »Fürsorgliche-Familie-Modell« tritt der Dialog an die Stelle des hierarchischen Gehorsams. Die Mitglieder der Gesellschaft sollen Verantwortung für sich selbst und andere übernehmen lernen, statt zu konkurrieren. Die »progressive Weltsicht« spiegelt sich auch im Umgang deutscher Parteien (z.B. der Linken) mit Steuern wider: Steuern sind gemeinsames Vermögen (»Common Wealth«) und so auch für das gemeinsame Wohl zu nutzen (»Common Good«).[128] Menschen behaupten sich nicht alleine in der Welt, sondern durch die Hilfe anderer (z.B. durch Nutzung der Infrastruktur oder von Erfindungen, die durch staatliche Forschung entwickelt wurden, wie das Internet). So lässt sich zusammenfassen, dass jeder, der es in der Wirtschaft nach »oben« geschafft hat, von der Nutzung der gemeinsamen Güter profitieren konnte. Deswegen wird es als seine gesellschaftliche Pflicht angesehen, entsprechend höhere Steuern zu zahlen.[129] Moralisch spiegelt sich der Unterschied in der Vorstellung von Leistungsgerechtigkeit gegen soziale Gerechtigkeit. Während im sozialen Wettbewerb die Stärksten naturgemäß an die Spitze gelangen, soll der soziale Ausgleich allen Gesellschaftsmitgliedern annährend gleichen Anteil am gesamtgesellschaftlichen Wohlstand sichern.

Es könnte entgegnet werden, dass sowohl die konservative als auch die progressive Familie selten in ihrer Reinform vorkommt. Es gibt Familien, die grundlegend konservativ sind, aber in einigen Punkten progressive Weltsichten vertreten und umgekehrt. Diese Mischform von Moralkonzepten lässt sich auch im menschlichen mentalen System finden, in denen der »Bi-Conceptuals«.[130] Welches Modell sie auf die Politik übertragen, wird dadurch bestimmt, welche Sprache die öffentliche Debatte dominiert, und dabei ist das Framing entscheidend.[131] [132]

Gefahren eines metaphorischen Sprachgebrauchs

Gefährlich wird diese gedanklich-metaphorische Übertragung, wenn man sich ihren selektiven Charakter vor Augen führt: Es werden niemals alle Merkmale der einen Sache auf die andere übertragen, sondern es wird immer ein Aspekt betont und der andere ausgeblendet „Die eine Idee wird zwar im Sinne der anderen Idee abgebildet, jedoch niemals erschöpfend erfasst“[133], da es sich sonst um dieselbe Idee handeln würde.

Die komplementäre Funktion des »highlighting«, das »hiding«, verhindert eine alternative Sichtweise auf den Sachverhalt.[134] Es ist zwar prinzipiell möglich, die Deutungsrahmen zu wechseln, aber nie sie gleichzeitig zu aktivieren. Zur Veranschaulichung wählt Lakoff das Bild eines in Linien gezeichneten Würfels: Bei der Betrachtung lässt sich mit jeweils einer kurzen »Umschaltphase« entweder das untere oder das obere Quadrat als vordere Fläche bestimmen. Es ist jedoch nicht möglich, ihn in beiden Positionen gleichzeitig wahrzunehmen.[135] Empfindet man Steuern zum Beispiel in konservativer Tradition als Last, kann man sie nicht gleichzeitig als gemeinsamen Reichtum (vgl. »Common Wealth«) wahrnehmen. Das hat erhebliche Folgen für unser Denken, denn die gewählte Metapher entscheidet so, „auf welche Aspekte wir uns konzentrieren und welche unser Gehirn ignoriert“.[136] Das macht eine bewusste politische Kommunikation so entscheidend.

Es ist in der politischen Kommunikation also möglich, Metaphern als „selektives Instrument“[137], einzusetzen, weil sie entscheiden „wie unser Gegenüber die Situation wahrnimmt“[138]. Ebenfalls gilt: Je häufiger eine Metapher wiederholt wird, desto stärker werden die entsprechenden Verbindungen physisch im Gehirn gestärkt.[139] Dabei reicht es, die Metapher in einer politischen Diskussion über einen längeren Zeitraum hinweg zu hören. Ähnlich wie die Definitionen der Elite (nach Hall) durch mediale Verbreitung zum Konsens werden, wird die Metapher „in unseren Köpfen zum Common Sense, also zum allgemeinen Verständnis der Situation“.[140] Gleichzeitig – und das ist das Entscheidende – wird ein alternatives Verständnis der Situation ausgeschlossen. Die Metapher entscheidet also nicht nur, was wir denken, sondern auch, „was wir nicht denken.“[141]

Auswirkungen auf die politische Kommunikation

In der vorangegangen Darstellung wurden die wesentlichen Punkte Lakoffs gegen die Existenz eines rationalen Wählers hervorgebracht: Erstens, Worten, die nur innerhalb von Frames Sinn ergeben, kann keine objektive Bedeutung beigemessen werden. Worte können die Welt also nicht abbilden, wie sie existiert, das heißt Denken kann nicht buchstäblich stattfinden.[142] Zweitens, gibt es kulturell geprägte Weltanschauungen, weswegen Denken nicht universell sein kann. Da Erfahrungen unser Gehirn physisch unterschiedlich formen, denken wir auch unterschiedlich. Drittens, spricht Lakoff – wie Hall – der Existenz von Deutungsrahmen in der politischen Kommunikation einen höheren Wert zu als Fakten.[143] Allerdings geschehen all diese Prozesse nicht bewusst, denn Denken findet größtenteils, wie die Kognitionswissenschaften bestätigen, unbewusst statt.

Welche Auswirkungen auf die politische Kommunikation können daraus gezogen werden? Richtet sich Politik nach dem Rationalismus aus, besteht ihre Hauptaufgabe darin, der Bevölkerung alle politischen Fakten zugänglich zu machen, damit der rationale Wähler die Informationen vernünftig abwägen und diejenige Partei wählen kann, die seine wichtigsten Eigeninteressen vertritt. Doch, wie aufgezeigt wurde, „nützen [Fakten] nur dort, wo sie in mentale Strukturen passen.“[144] Während die Progressiven Wahlkampf getreu dem Motto „the facts will set you free“[145] betreiben, fanden Meinungsforscher aus dem konservativen Lager bereits in den 70er Jahren heraus, dass „materielles Eigeninteresse ein marginaler Indikator für Wahlverhalten [ist]“[146], und kommunizieren seitdem stattdessen moralische Werte[147].

Diese Erkenntnis ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal in der Strategie der Konservativen von den Progressiven.[148] Auch wenn Lakoff sich hauptsächlich auf Nordamerika bezieht, können die Erkenntnisse ebenso auf Deutschland übertragen werden. Im Bundestagswahlkampf 2013 entschied sich die CDU für einen personalisierten Wahlkampf um Angela Merkel mit Slogans wie »Jede Familie ist anders. Und uns besonders wichtig«, während die Linke mit ihren politischen Positionen »Waffenexporte verhindern! Auslandseinsätze beenden!« warb. Da es aber nicht die politischen Positionen sind, nach denen Bürger ihre Wahlentscheidung unterbewusst treffen, sondern ihre moralischen Überzeugungen, hilft es nicht, die Politik vorzustellen, die betrieben werden soll, wenn man ihren moralischen Wert nicht in einen entsprechenden Kontext einbettet.[149] Das, so Lakoff, sei ein häufiger und verhängnisvoller Fehler der progressiven Parteien.

Seit über 40 Jahren haben Konservative deswegen „Milliarden von Dollar investiert, um ihre politische Ideologie auszuarbeiten und sie in Sprache umzusetzen.“[150] Dazu unterhalten sie amerikaweit über 40 Think-Tanks (Stand 2011).[151] Aber auch in Deutschland gibt es die »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« (INSM) oder die »Bertelsmann Stiftung«, um nur zwei bekannte Beispiele zu nennen. Durch Aneignung von Fernsehsendern wie »FOX« können die Konservativen in den USA ihre Ideologie über Medien verbreiten. Darüber hinaus sind Agenturen entstanden, deren Aufgabe es ist, Intellektuelle mit konservativer Weltsicht als Experten in Fernsehsendungen einzusetzen.

So wird die konservative Sprache nicht nur in der Bevölkerung verbreitet, sondern auch von der politischen Opposition übernommen, was dazu führt, dass die Opposition die entsprechenden neuronalen Verbindungen noch weiter stärkt und es sich selbst verwehrt, anschließend Fakten nützlich in die Diskussion einbringen zu können. Die »New York Times«[152] fand in einem Experiment 2006 heraus, was Lakoff bereits seit dreißig Jahren konstatiert: Parteiliches Denken findet unbewusst statt. Erklärte Demokraten und Republikaner erkannten auf Anhieb, wenn die politische Opposition log, erkannten aber nicht, wenn der eigene Kandidat ebenfalls log. Es wird nicht bewusst entschieden, ob Fakten relevant sind oder nicht: Widersprechen sie dem Common Sense, prallen sie automatisch ab.[153]

Schluss: Fakten oder Fiktionen?

Elisabeth Klaus und Margret Lünenborg sprechen sich für „eine Überwindung des vermeintlichen Gegensatzes von Fakten und Fiktionen“[154] aus. Sie kommen zu der Auffassung, Fakten seien im Journalismus nur „in ihrer kontextuellen Einbindung“[155] als zentrales Element der objektiven Berichterstattung anzusehen. Erst die Fiktion macht die Präsentation von Fakten zu einem Produkt der Journalistik,[156] die man von statistischen Jahrbüchern, Lexika und Datensammlungen abgrenzen kann. Sie stellen immer einen „[…] Teil bestimmter Diskurse, kultureller Erklärungsmuster oder gesellschaftlicher Debatten […]“[157] dar, ohne dessen Kontextualisierung sie sinnlos wären. „Die […] übermittelten Fakten schaffen eine Brücke zwischen unseren […] Alltagserfahrungen und unseren weiter gehenden Lebensweisen und kulturellen Deutungsmustern.“[158] Deswegen seien im Journalismus „Fakten ohne Fiktionen irrelevant“.[159] Fiktionen hingegen können Aussagen treffen, ohne sich notwendigerweise auf Tatsachen oder Fakten stützen zu müssen. Klaus und Lünenborg ziehen die Brockhaus‘sche Definition der »fictio« (lat.), Bildung, Formung und Gestaltung, heran, um darin die Aufgabe des Journalismus neu zu definieren: Sie gebe „Fakten eine Gestalt und formt sie in einer Weise, die das Zeitgespräch der Gesellschaft über sich selbst ermöglicht.“[160] Je nach Publikationsgattung werden die Informationen in unterschiedlichen Fiktionen präsentiert und vom Publikum unterschiedlich interpretiert.

Als weiteres Argument wird angeführt, dass Fakten keinen Garanten für Wahrheit darstellen, „ebenso wenig wie Fiktionen per se Fälschungen [seien]“.[161] Exemplarisch wird diese Aussage durch den selbsternannten Konzeptkünstler Tom Kummer untermauert, der Hollywood-Interviews fälschte. Daraus ziehen die Autoren den Schluss, dass fiktive Interviews mehr Wahrheit enthalten könnten, als die von PR-Agenturen strategisch vorgeschriebenen Statements, die Politiker und Prominente lernen und aufsagen. Allerding ist dieses Beispiel nur bedingt als Argument anzuerkennen, da Beeinflussung der Meinungsbildung bei Hollywood-Interviews nicht solch weitreichende Folgen für die Gesellschaft haben wie in der politischen Kommunikation. Es wurde bereits deutlich gemacht, dass das Objektivitätspostulat in dieser publizistischen Sparte nicht den Stellenwert hat, den es in der politischen Kommunikation einnimmt. Bei Letzterer geht es um das Funktionieren von Demokratie, um Wahlverhalten, öffentliche Meinung und Legitimation von Politik. Es könnte sich hier als folgenschwer erweisen, die faktenorientierte Berichterstattung zugunsten fiktiver Berichterstattung zu vernachlässigen.

Obwohl auch Lakoff mit der lakonischen Kernaussage „Frames übertrumpfen Fakten“[162] Deutungsrahmen eindeutig den höheren Wert beimisst, ist seine Schlussfolgerung eine andere. Eine Trennung von Meinung und Information könne einen objektiven Journalismus deswegen nicht gewährleisten, weil es keine wertneutrale Sprache in der Politik gebe, die es ermöglichen würde, neutral über Fakten zu berichten.[163] Journalisten übernehmen häufig konservative Sprache, als sei sie wertneutral, und verbreiten damit das konservative Framing politischer Themen. Deswegen ist es entscheidend, den Prozess hinter der politischen Sprache zu verstehen, um Informationen keinen unintendierten Deutungsrahmen zu geben.

Darum fordert Lakoff einen bewussten Journalismus, der die grundlegenden Erkenntnisse aus der Gehirnforschung und die Reflexion von Sprache als verpflichtenden Teil der Ausbildung einbezieht. Journalisten müssten lernen, welche Weltsicht aus einer Metapher entspringt, welche Aspekte der Wirklichkeit sie ausblendet, was sie hervorhebt und welche Handlungs- und Denkweisen sie hervorruft. Lakoff betont, dass „[p]olitischer Sprachgebrauch und Medienfreiheit eng zusammen[hängen].“[164] Unterwürfen sie sich unreflektiert dem „Sprachdiktat der politischen Parteien“[165], ignorierten sie ihre zentrale Verantwortung in der Demokratie, den öffentlichen Diskurs frei und transparent zu halten (vgl. 2. Funktionen der Medien).

Die Forderung eines bewussten Journalismus ist aufgrund der demokratietheoretischen Relevanz politischer Kommunikation sinnvoller als eine Vernachlässigung der Trennung von Fakten und Fiktion. Selbst in Anlehnung an Lakoffs These des fehlenden Rationalismus, die einem Großteil der Bevölkerung abspricht, das Wahlverhalten nach Fakten und eigenen Interessen auszurichten, sondern nach Frames und den in ihnen vermittelten Werten, darf die Schlussfolgerung dennoch nicht sein, die Bemühung um eine realitätsgerechte Darstellung der politischen Ereignisse einzustellen. Dies würde bedeuten, die Ideen von Aufklärung und Rationalismus, die mit der Autonomie und Würde des Menschen in Zusammenhang stehen, aufzugeben zugunsten eines völlig entkoppelten Relativismus, welcher der Demokratie seine anthropologische Grundlage entzöge. Demokratie ist auf die Idee des rationalen Bürgers angewiesen, ohne den es keinen allgemeinen Willen und keine Legitimation durch Wahlen oder öffentliche Meinung geben kann.

Die Schlussfolgerung aus den Problemen kann daher nicht sein, Fiktionen mit Fakten gleichzusetzen, sondern sollte in einer Aufklärung bezüglich der Wirkung der Metapher und einem bewussten Umgang mit Sprache liegen. Durch Bildung könnten Bürger und Journalisten für den rationalen Umgang mit diesen Problemen ausgebildet und gerüstet werden. Durch Einbezug grundlegender Erkenntnisse aus den Kognitionswissenschaften und die Reflexion von Sprache in der Schulung können Journalisten lernen, welche Wirkungen Frames und Metaphern auf ihre Berichterstattung haben. Lakoff betont, dass Gedankenfreiheit Voraussetzung ist für Entscheidungsfreiheit. Der bewusste Journalismus könne so der neue „objektive Journalismus“[166] werden.

 

Anmerkungen

[1]     Erster Chefredakteur von ARD-aktuell und somit der Tagesthemen und der Tagesschau.

[2]     Vgl. Huber: ARD kritisiert ARD, unter: http://www.tagesspiegel.de/medien/ukraine-konflikt-ard-kritisiert-ard/10720438.html [07.11.2014].

[3]     Vgl. Meisner: Neuer Ärger um altes Panzer-Bild, unter: http://www.tagesspiegel.de/medien/ukraine-konflikt-im-wdr-neuer-aerger-um-altes-panzer-bild/10651538.html [07.11.2014].

[4]     Vgl. Gniffke: Zwischenbilanz: Der Ukraine-Konflikt in der Tagesschau, unter: http://blog.tagesschau.de/2014/ 09/29/zwischenbilanz-der-ukraine-konflikt-in-der-tagesschau/ [Link erloschen] [07.11.2014].

[5]     Vgl. Gniffke: Noch einmal: Ukraine-Berichterstattung, unter: http://blog.tagesschau.de/2014/10/01/noch-einmal-ukraine-berichterstattung/ [Link erloschen] [07.11.2014].

[6]     Ebd.

[7]     Der SPIEGEL Nr. 31, Titel: „Stoppt Putin jetzt!“ [vom 26.07.2014].

[8]     Vgl. Pressekodex (1973), unter: http://www.presserat.de/pressekodex/pressekodex/ [20.10.2014].

[9]    Vgl. SZ-Redaktion: Deutsche verlieren Vertrauen in die Medien, unter: http://www.sueddeutsche.de/ wirtschaft/korruptionsbericht-von-transparency-international-deutsche-verlieren-vertrauen-in-die-medien-1.1716739 [07.11.2014].

[10] Vgl. Weischenberg: Journalismus in Deutschland II, unter: https://www.wiso.uni-hamburg.de/fileadmin/sowi/journalistik/kvvarchiv/KvvArchiv/jid.html [Link erloschen] [20.10.2014].

[11] Grundgesetz, Artikel 20, Absatz 2: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

[12] »SPIEGEL-Urteil« des Bundesverfassungsgerichts vom 05.08.1966, unter: https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv020162.html [15.10.2014].

[13] Landespressegesetz Paragraf 3: Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe insbesondere dadurch, dass sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt.

[14] Habermas (1990), S. 35.

[15] Habermas (1990), S. 38.

[16] Habermas (1990), S. 44.

[17] Vgl. Habermas (1990), S. 41ff.

[18] Anmerkung: So etwa der Zivilgesellschaft. Habermas versteht unter Zivilgesellschaft „nicht-staatliche und nicht-ökonomische Zusammenschlüsse auf freiwilliger Basis“ (Habermas (1990), S. 46). Sie soll eine Gegenöffentlichkeit bilden zur vermachteten staatlich-verwaltungstechnischen Öffentlichkeit.

[19] Vgl. Redaktionsstatut für die Süddeutsche Zeitung (1981), S.2.

[20] Vgl. »DIE ZEIT« Redaktion und Verlag im Profil, unter: http://www.zeit-verlagsgruppe.de/wp-content/uploads/2013/06/pressemappe.pdf [Link erloschen] [20.10.2014].

[21] Vgl. 4. Ziffer 1 in: Publizistische Grundsätze (auch: Pressekodex), abgedruckt im deutschen Presserat (1973), unter: http://www.presserat.de/pressekodex/pressekodex/ [20.10.2014].

[22] Wyss (2003), S. 37f.

[23] Vgl. Schmidt/Weischenberg (1994), S. 224f.

[24] Vgl. Grittmann (2007), S. 232.

[25] Saxer (2012), S. 22f.

[26] Hall (2001), S. 319.

[27] Bentele (2008), S. 96.

[28] Branahl (2010), S. 9.

[29] Vgl. Bentele (2008), S. 96.

[30] Branahl (2010), S. 9f.

[31] Ebd.

[32] Vgl. Bentele (2008), S. 118.

[33] Vgl. STG: So schön ist Rügen, unter: http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2004/08/03/a0205 [10.10.2014].

[34] Vgl. Bentele (2008), S. 95.

[35] Vgl. Bentele (2008), S. 105.

[36] Vgl. Bentele (2008), S. 108.

[37] Ebd.

[38] Weischenberg (2001), S. 56.

[39] Ebd.

[40] Bentele (2008), S. 158.

[41] Vgl. Bentele (2008), S. 156.

[42] Saxer (2012), S. 20.

[43] Saxer (2012), S. 61.

[44] Vgl. Saxer (2012), S. 25.

[45] Saxer (2012), S. 37.

[46] Vgl. Saxer (2012), S. 58.

[47] Vgl. Saxer (2012), S. 58.

[48] Vgl. Bentele (2008), S. 107. Anmerkung: Nach Bentele war ein wesentliches Argument gegen objektive Publizistik in den 60 und 70er Jahren, dass sie bestehende Machtverhältnisse verstärkt und die Standpunkte der offiziellen Institutionen favorisiert.

[49] Vgl. Saxer (2012), S. 36.

[50] Vgl. Saxer (2012), S. 59.

[51] Vgl. Saxer (2012), S. 38.

[52] Saxer (2012), S. 20.

[53] Ebd.

[54] Ebd.

[55] Hall (2001), S. 346.

[56] Hall (2001), S. 345.

[57] Hall (2001), S. 353.

[58] Ebd.

[59] Ebd.

[60] Hall (2001), S. 347.

[61] Hall (2001), S. 348.

[62] Hall (2001), S. 349.

[63] Hall (2001), S. 348.

[64] Vgl. ebd.

[65] Vgl. Hall (2001), S. 354.

[66] Hall (2001), S. 354.

[67] Hall (2001), S. 355.

[68] Ebd.

[69] Hall (2001), S. 355.

[70] Hall (2001), S. 356.

[71] Ebd.

[72] Ebd.

[73] Hall (2001), S. 357.

[74] Ebd.

[75] Ebd.

[76] Ebd.

[77] Hall (2001), S. 358.

[78] Hall (2001), S. 359.

[79] Ebd.

[80] Ebd.

[81] Vgl. Hall (2001), S. 360.

[82] Hall (2001), S. 363.

[83] Ebd.

[84] Hall (2001), S. 364.

[85] Ebd.

[86] Ebd.

[87] Hall (2001), S. 365.

[88] Ebd.

[89] Hall (2001), S. 367.

[90] Ebd.

[91] Hall (2001), S. 368.

[92] Hall (2001), S. 369.

[93] Hall (2001), S. 351.

[94] Ebd.

[95] Hall (2001), S. 352.

[96] Vgl. Lakoff/Johnson (1998).

[97] Lakoff/Wehling (2009), S. 13.

[98] Lakoff/Wehling (2009), S. 69.

[99] Lakoff/Wehling (2009), S. 70.

[100] Lakoff/Wehling (2009), S. 14.

[101] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 18.

[102] Lakoff/Wehling (2009), S. 17.

[103] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 16f.

[104] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 28.

[105] Lakoff/Wehling (2009), S. 70. – Es wird nicht deutlich, warum Lakoff einen so radikalen Schluss aus seiner Argumentation zieht. Mit dem Eingeständnis, es gebe nicht-metaphorische Konzepte, beschreibt Lakoff selbst Beobachtungen, die tatsächlich ein Abbild der Realität darstellen, also buchstäblich sind. Um die Brisanz seiner Theorie zu begründen, wäre es ausreichend nachzuweisen, dass buchstäbliches Denken bei abstrakten Begriffen nicht möglich ist.

[106] Lakoff/Wehling (2009), S. 16.

[107] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 25.

[108] Lakoff/Wehling (2009), S. 23.

[109] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 19.

[110] Anmerkung: Dabei wird nicht ausgeschlossen, dass Menschen aus anderen Kulturen Zeit dennoch als wertvoll erachten können.

[111] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 13.

[112] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 20.

[113] Lakoff/Wehling (2009), S. 20.

[114] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 74.

[115] Vgl. Wehling/Lakoff (2011): Die neue Sprache der Sozialdemokratie, S. 3. Unter: http://library.fes.de/pdf-files/id/08012-20110525.pdf [10.10.2014].

[116] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 77.

[117] Wehling/Lakoff (2011): Die neue Sprache der Sozialdemokratie, S. 5. Unter: http://library.fes.de/pdf-files/id/08012-20110525.pdf [10.10.2014].

[118] Ebd.

[119] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 39.

[120] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 40.

[121] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 47.

[122] Vgl. Pramstaller: Wie Lämmer, die Merkel nachlaufen unter: http://www.zeit.de/politik/deutschland/ 2013-09/Merkel-Mutti-Demokratie-Psychoanalyse [20.10.2014].

[123] Anmerkung: »survival of the strongest« ist eine Fehlinterpretation durch einen in Amerika dominierenden konservativen Frame. Die richtige Bezeichnung wäre »survival oft he fittest«.

[124] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 40.

[125] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 44.

[126] Anmerkung: Lakoff verwendet die Unterteilung in Konservative und Progressive. In Deutschland würde dieser Sachverhalt eher als »liberal« bezeichnet werden. Jedoch bilden liberale Wirtschaftsvorstellungen starke Elemente konservativer Politik.

[127] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 46.

[128] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 54.

[129] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 55.

[130] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 62.

[131] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 63.

[132] Anmerkung: Die deutsche Parteilandschaft ist zwar differenzierter als die amerikanische, jedoch lassen sich die beiden Archetypen »konservativ« und »progressiv« auch in Deutschland als grobe Strömung unterteilen und den Parteien zuordnen.

[133] Lakoff/Wehling (2009), S. 28.

[134] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 98.

[135] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 75.

[136] Lakoff/Wehling (2009), S. 28.

[137] Lakoff/Wehling (2009), S. 30.

[138] Ebd.

[139] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 30ff.

[140] Lakoff/Wehling (2009), S. 31.

[141] Ebd.

[142] Vgl. Fußnote 148.

[143] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 73.

[144] Lakoff/Wehling (2009), S. 71.

[145] Lakoff/Wehling (2009), S. 70.

[146] Kinder 1998 zit. n. Wehling/Lakoff (2011): Die neue Sprache der Sozialdemokratie, S. 5. Unter: http://library.fes.de/pdf-files/id/08012-20110525.pdf [10.10.2014].

[147] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 71.

[148] Anmerkung: Bis zu Obamas Wahlkampf 2008/2009 »Yes, we can«, der ebenfalls auf Werten basierte.

[149] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 83.

[150] Lakoff/Wehling (2009), S. 78.

[151]Vgl. ebd.

[152] Vgl. Stanley: The Human Behavior Experiments: What Can Be Done in the Name of Obedience, unter: http://www.nytimes.com/2006/06/01/arts/television/01huma.html?_r=0 [15.10.2014].

[153] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 73.

[154] Klaus/Lünenborg (2002), S. 103.

[155] Klaus/Lünenborg (2002), S. 102.

[156] Vgl. Klaus/Lünenborg (2002), S. 101.

[157] Klaus/Lünenborg (2002), S. 102.

[158] Ebd.

[159] Ebd.

[160] Ebd.

[161] Klaus/Lünenborg (2002), S. 103.

[162] Lakoff/Wehling (2009), S. 72.

[163] Vgl. Lakoff/Wehling (2009), S. 175.

[164] Lakoff/Wehling (2009), S. 9.

[165] Lakoff/Wehling (2009), S. 178.

[166] Ebd.

 

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