Popmusik Februar
von Nadine Hartmann
7.2.2016

Nicki Minaj feat. Lil Herb, Pink Industry, Health, Father feat. Tommy Genesis, Tina Turner, Crass, Gewalt

Nicki Minaj feat. Lil Herb – »Chiraq«

Es herrscht Krieg in den Städten. Gemeinsam mit Chicago-Rapper Lil Herb schlägt Nicki Minaj kontroverse Töne zum Thema Gang Violence an und macht dabei ihren besten Track. Zusammen mit der Lektüre von „Lysistrata“ hervorragend zur Einstimmung auf den neuesten Spike-Lee-Film geeignet.

 

Pink Industry – »What I wouldn’t give«

 

Die soundgewordene Hypnoseformel. Das Stück könnte gut 10x so lang sein – es schwoft sich dazu so schön in Trance. Dass das in den FDP-Farben gehaltene Video und Jayne Caseys Spät-80er/Früh-90er-Make-up auch endlos zu genießen wären, möchte ich hier nicht behaupten.

 

Health – »We are Water«

Maximale Stressstufe ist in diesem Clip von Eric Wareheim angesagt. Was anfängt wie ein französischer Horrorfilm, endet schließlich mit einer Überraschung, oder, wenn man so will, mit einem Happy End. Rotkäppchen frisst den Wolf; Angela Carter würde das gefallen.

 

Father feat. Tommy Genesis – »Vamp«

Wer für wen gefährlich ist, bleibt auch in diesem Swamp-Vampir-Szenario bis zum Schluss unklar. Fathers-Mind-Control-Phantasien scheinen Tommy Genesis jedenfalls eher zu langweilen, ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen. „You’ve got a right to all your choices“ – „Duh!“ denkt sie sich wahrscheinlich.

 

Tina Turner – »Whole Lotta Love«

1975, Tina steht kurz vor der Trennung von Ike. Sie fragt noch nicht, was die ganze Scheiße denn eigentlich bitteschön mit Liebe zu tun haben soll, eignet sich aber auf ihrem zweiten Solo-Album die misogynen Hymnen ihrer Zeit an – Zufall? Sie macht dabei diesen Höhepunkt des Schwanz-Rocks nicht nur erträglich, sondern führt den Obermackern von Led Zeppelin auch noch vor, wie sexy richtig geht, inch by inch.

 

Crass – »Smother Love«

Auf der Platte mit dem besten Titel und dem bester Cover überhaupt findet sich dieser Song, auf dem Eve Libertine mal eben in unter zwei Minuten erklärt, womit heute Soziologinnen ganze Bücher füllen: die romantische Liebe ist nichts als eine bürgerliche Phantasie, gespeist aus der kapitalistischen Ideologie. Jede Textzeile eignet sich problemlos zum feministischen Slogan. Jemand sollte mal eine T-Shirt-Kollektion mit den Texten von „Penis Envy“ entwerfen.

 

Gewalt – »Szene einer Ehe«

 

Wem das noch zu viele Worte zum Thema Liebe und Gewalt sind, der findet hier den ultimativen Zusammenschnitt aus dem Alltags-Wahnsinn der Zwei, gefasst in einer alles entscheidenden Frage, auf die es keine Antwort geben kann.

 

Nadine Hartmann schreibt über Kunst und Musik (u.a. für KubaParis). Sie promoviert zur Figur des Mädchens in der Philosophie.